Kicker: Stuttgarter Kickers – ein Favorit, der keiner sein will

„Das Ziel ist die 2. Bundesliga, aber die Bedingung heißt solide Vereinsführung“, erklärte Hans Kullen, als er nach der Ära des mittlerweile verstorbenen Axel Dünnwald-Metzler die Amtsgeschäfte bei den Stuttgarter Kickers übernahm. Zunächst sollte der marode Regionalliga-Klub also wieder auf gesunde finanzielle Füße gestellt werden, um dann mit den Füßen der kickenden Akteure wieder an bessere Zeiten anknüpfen zu können.Der Traditionsverein aus Stuttgart hatte sich im Jahr 2001 vom Profifußball verabschiedet, der Abstieg aus der Zweiten Liga wurde damals noch als „Betriebsunfall“ abgetan. Immerhin hatte das Team aus Degerloch 1987/88 und 1991/92 schon zweimal Bundesligaluft geschnuppert, der Weg sollte also unmittelbar in das bezahlte Geschäft zurückführen.

Doch dieser Weg erwies sich bislang als äußerst steinig, nach Rang zwölf in der Regionalliga-Saison 2001/02 stand man ein Jahr darauf sogar schon mit einem Bein in der Oberliga. Am „Grünen Tisch“ wurde die dritte Liga erst im letzten Moment gesichert, auch in der folgenden Spielzeit lief es dann alles andere als rund. Ende Oktober 2003 übernahm Robin Dutt (Foto), seit 2001 als Trainer der Oberliga-Mannschaft im Verein, den Cheftrainerposten vom glücklosen Rainer Adrion – und mit ihm kehrte so etwas wie Stabilität in Degerloch ein. „Ich bin eine von vielen Nummern als Trainer bei den Stuttgarter Kickers in den vergangenen Jahren, und es ist alles andere als ein sicherer Job“, erklärte Dutt noch bei seinem Amtsantritt, kehrte dann aber mit eisernem Besen und verschaffte den „Blauen“ nach langem wieder eine ruhiges Saisonende ohne Abstiegsangst.

Die gute Rückrunde mit Rang neun am Ende machte Lust auf mehr. Das von Präsident Kullen angekündigte Ziel Zweite Liga nahm auch in den Gedanken von Dutt konkrete Formen an, der Aufstieg wurde für 2006 angepeilt. „Wir wehren uns aber nicht, wenn es früher eintrifft“, so der Coach, der 2004/05 als Saisonziel Platz eins bis acht ausgab. Rang neun wurde es wieder am Ende, das Unterhaus hatten er und sein Präsident aber nicht aus den Augen verloren.

„Wir wollen kommende Saison oben mitspielen, ohne finanzielles Risiko zu gehen“, erklärte Kullen vor der Spielzeit 2005/06, Dutt äußerte sich vorsichtig optimistisch: „Minimalziel ist ein einstelliger Tabellenplatz“. Der wurde es dann auch, die Stuttgarter erzielten mit Platz acht immerhin das beste Ergebnis seit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga.

Dies schien eine gewisse Euphorie rund um das GAZI-Stadion ausgelöst zu haben, bei der Saisoneröffungsparty feierten gut 1000 Kickers-Fans das Team um den vom FC Augsburg gekommenen Top-Torjäger Christian Okpala, Rückkehrer Sascha Benda und Spielgestalter Laszlo Kanyuk (Kickers Offenbach). „Wir sind sicher nicht in der Lage, den Aufstieg als Ziel auszugeben“, versuchte sich Manager Joachim Cast im Unterstatement. Dutt selbst strebt „Platz eins bis sechs an“, sieht sein Team aber nicht im engen Kreis der als Kandidaten gehandelten Aufstiegsanwärter.

„Wir gehören sicher nicht zu den Favoriten, aber wir wollen und werden sie ärgern“, meinte der Coach lapidar. Damit haben die Stuttgarter Kickers bereits angefangen, grüßen die Tabelle – im Gegensatz zur TSG Hoffenheim und dem 1. FC Saarbrücken – nach drei Spieltagen von oben und erwarten nun im Derby den VfB Stuttgart II. Die von einigen Experten als „Geheimfavorit“ gehandelten „Blauen“ haben nach dem optimalen Saisonstart mit drei Siegen ein Zeichen gesetzt, auch wenn Dutt trotz der neun Punkte „noch lange nicht die Leistungen“ sieht, die er sich als Trainer vorstellt. „Ich sehe uns noch sehr weit weg von einer Position eines Aufstiegsfavoriten“, betont er nach dem gelungen Einstieg. Die Stuttgarter Kickers, Tabellenführer der Regionalliga Süd – und ein Favorit, der keiner sein will.

Kicker via Forum

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