EßZ: Wenig Zuckerbrot, viele Qualitäten

Der Esslinger Manuel Hartmann hat sich bei den Stuttgarter Kickers zum Dauerbrenner entwickelt – Bierhoff als Vorbild
 
Von Sigor Paesler

Stuttgart – Diese Aussage überrascht: „Er ist weit davon entfernt, im defensiven Mittelfeld eine Granate in der Liga zu sein.“ Das sagt Trainer Robin Dutt über den Mann, der in der laufenden Saison als einziger Feldspieler der Stuttgarter Kickers jedes Spiel in der Fußball-Regionalliga von der ersten bis zur letzten Minute absolviert hat. Nimmt man die Pokalbegegnungen dazu, in denen der 22-Jährige nur eine Hälfte verpasste, kommt er sogar auf die meisten Spielminuten. Auch beim Jahresabschluss am Sonntag (14.30 Uhr) gegen den 1. FC Kaiserslautern II ist der Esslinger gesetzt. Hört man länger zu, lassen sich Dutts Worte besser einordnen: Er traut Hartmann noch viel zu, und das will er aus ihm herauskitzeln. „Er pusht mich, das brauche ich“, sagt Hartmann selbst, „nur Zuckerbrot vertrage ich nicht.“

Das heißt nicht, dass es Hartmann gerne schleifen lässt. Durch viel Trainingsfleiß hat er es über seinen Heimatverein SG Eintracht Sirnau, den VfL Kirchheim und den SGV Freiberg zu den Kickers geschafft. Er ist kein Shooting Star. Er ist kein Supertechniker, kein Abwehrhüne. Er ist ein guter Allrounder mit vielen Qualitäten, der stetig seinen Weg nach oben geht.

 

Torschüsse aus der Distanz
Zunächst wurde Hartmann bei den „Blauen“ als Allzweckwaffe auf fast allen Positionen in der Defensive eingesetzt. Mittlerweile ist er in der Zentrale der Mittelfeldraute gemeinsam mit Mustafa Akcay eine Bank. Und immer öfter übernimmt er dabei den offensiven Part. Auch, weil er inzwischen als Torschütze mit Schüssen aus der zweiten Reihe aufgefallen ist. „Der Trainer weiß, was er an mir hat“, sagt Hartmann selbstbewusst. Und tatsächlich fallen Dutt eine Menge lobende Worte ein: „Er hat eine große Spielintelligenz und ist charakterlich ein toller Junge.“ Der Coach sieht Hartmann in einer Reihe mit Akteuren wie Jens Härter, Mustafa Parmak und Mirnes Mesic, die alle aus der Region geholt wurden: „Wir hatten generell ein gutes Händchen mit diesen Spielern“, erklärt Dutt, „alle hatten im ersten halben Jahr Schwierigkeiten, haben dann aber ihr Talent abgerufen.“

Noch wohnt Hartmann bei seinen Eltern in Sirnau. Und das soll zunächst so bleiben. Vater Wolfgang, der ihn von der F- bis zur C-Jugend trainierte, „ist immer noch mein größter Förderer und Kritiker“. Auch auf den Plätzen seiner Ex-Clubs sieht man ihn immer wieder. „Es wird Zeit, dass die Sirnauer endlich mal aus der Kreisliga B aufsteigen“, sagt er etwa.

Hartmann selbst möchte den Sprung in die zweite Liga schaffen. Gleichzeitig aber denkt er auch schon an die Zukunft nach der Kickerei. Und die soll im Fußball liegen. Sein Lehramtsstudium in Mathematik und Sport ruht, im kommenden Herbst beginnt er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. „Ich könnte mir eine Arbeit als Trainer gut vorstellen“, sagt er, „aber auch im Management eines Vereins.“ Als Vorbild nennt er Nationalmannschaftmanager Oliver Bierhoff. So weit müsste er gar nicht gehen: Joachim Cast ist auch Ex-Verteidiger und hat es mit einem Geographie-Studium zum Managerposten bei den „Blauen“ geschafft. Demnächst werden Vater und Sohn Hartmann Cast wieder gegenüber sitzen: Es stehen Vertragsverahndlungen an. „Die Kickers sind mein erster Ansprechpartner“, sagt Hartmann und grinst, „aber ich bin für alles offen.“ Er weiß, dass sein Marktwert gestiegen ist.

Eßlinger Zeitung

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