Dutt setzt die Kickers unter Zugzwang
Trainer unterstreicht Ambitionen auf zweite Liga – Verein benötigt für Etaterhöhung Geldgeber
Stuttgart – Die Fußball-Ehe zwischen Trainer Robin Dutt und den Stuttgarter Kickers neigt sich anscheinend dem Ende entgegen. Der Coach fordert eine Perspektive mit Blick in die zweite Liga, die der Fußball-Regionalligist jedoch wohl kaum bieten kann.
VON JÜRGEN KEMMNER
Im Kickers-Forum im Internet herrscht die Tonart Moll vor. Zahlreiche Fans rechnen damit, dass Robin Dutt spätestens am 30. Juni den Spind im ADM-Sportpark räumt. Sätze wie „ein Trainer muss sich nach einer gewissen Zeit fragen, ob er unbedingt so lange weitermachen muss, bis die Entlassung kommt“ lässt die Anhänger zu jenem Schluss kommen. Und Präsident Hans Kullen äußerte sich gegenüber unserer Zeitung: „Wenn nicht ein Erdrutsch passiert, kommt der Trainer wohl im März auf mich zu und sagt, dass er geht.“ Da bleibt wenig Raum für unterschiedliche Interpretationen.
Noch hat Dutt nirgends unterschrieben – weder bei den Blauen noch anderswo. Der 42-Jährige bestätigt lediglich, dass es verschiedene Anfragen gab. Von wem, verrät er nicht – im Poker legt man sein Blatt ja nicht zu Beginn offen auf den Tisch. Die Zweitligisten SC Freiburg und SpVgg Greuther Fürth gelten als heiße Kandidaten. „Es liegt in der Natur der Dinge“, sagt er, „je länger ich bei den Kickers nicht unterschreibe, umso mehr Anfragen kommen.“
Dutt besitzt im Vertragspoker gute Karten. Er hat die Kickers in drei Jahren zu einem Spitzenteam in der dritten Liga geformt, die Auftritte im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV (4:3) und Hertha BSC Berlin (0:2) fanden bundesweit Beachtung. Bundesligist Hannover 96 hatte seinen Namen bei der Trainersuche im Herbst 2006 auf der Liste. Damals klappte es noch nicht. Doch Dutt hat seine Ambitionen nicht begraben – ihm sind die Regionalliga und die Rolle als Pokalschreck auf Dauer zu wenig. Der gebürtige Kölner stellt klar: „Ich möchte in der zweiten Liga arbeiten.“ Ergo: Die Kickers müssen aufstiegsreif werden.
Doch dazu reicht ein Etat von derzeit 2,4 Millionen Euro kaum aus. Zum Vergleich: Spitzenreiter SV Wehen hat 3,5 Millionen zur Verfügung, die TSG Hoffenheim, der Tabellenzweite, mindestens 5 Millionen Euro. Und wenn“s bei den Badenern finanziell eng wird, füllt Milliardär Dietmar Hopp die Kasse. Die Kickers haben keine vergleichbaren Gönner in Spendierhosen. Im Gegenteil: Der Vertrag mit Hauptsponsor Eduardo Garcia läuft im Juni aus – ob er verlängert, gilt zurzeit als unsicher. Nicht zuletzt deshalb, weil Garcia und Kullen nur noch über Mittelsmänner miteinander kommunizieren. Und neue Hauptsponsoren stehen im ADM-Sportpark auch nicht gerade Schlange.
Die Blauen können Robin Dutt die erhoffte sportliche Perspektive kaum bieten. Nicht nur das magere Budget spricht gegen ein weiteres Engagement. Auch das Verhältnis zwischen Trainer und Präsident soll deutlich abgekühlt sein. Der Flurfunk auf der Waldau meldet, es schmecke Kullen nicht, dass der Coach in der Öffentlichkeit häufig mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit genieße als er. Zuletzt verschlechterte der vorzeitige Wechsel von Kapitän Mirnes Mesic zu Konkurrent Hoffenheim das Klima. „Ich bin nach allen Seiten offen“, sagt Robin Dutt, „jetzt warte ich ab, mit welchem Angebot die Kickers an mich herantreten.“ Nach Lage der Dinge wäre es eine Überraschung, wenn beide noch einen gemeinsamen Nenner finden.
Stuttgarter Nachrichten