Dirk Eichelbaum, der neue Präsident des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers, über die Ziele des Vereins, die Trainerfrage und seinen Internet-Spitznamen Moneyman
Am späten Dienstagabend ist Dirk Eichelbaum zum neuen Präsidenten der Stuttgarter Kickers ernannt worden. Der 42-jährige Rechtsanwalt und bisherige Schatzmeister soll den Verein nach dem Rücktritt beinahe des kompletten Vorstands in eine bessere Zukunft führen, nicht zuletzt durch die Erhöhung des Etats. „Das wird eine Herkulesaufgabe“, sagt Eichelbaum im Gespräch mit Joachim Klumpp.
Herr Eichelbaum, Sie haben das Präsidentenamt bei den Kickers zuletzt nicht als Lustgewinn bezeichnet. Warum haben Sie es sich trotzdem angetan?
Zunächst einmal, weil der Präsident zurückgetreten ist und sich auch nicht mehr umstimmen ließ. Dann war ich der Einzige, der sich das vorstellen konnte, weil es aus meiner Sicht keinen Sinn gemacht hätte, den Posten jetzt extern zu besetzen.
Viele Kritiker im Umfeld des Vereins haben in Hans Kullen die Wurzel allen Übels gesehen. Macht man es sich mit dieser Sichtweise nicht zu einfach?
So einseitig darf man das nicht sehen, davor habe ich immer gewarnt. Man sollte schließlich nicht unterschätzen, dass Hans Kullen für viele ein Sympathieträger war, was man schon allein an dem Massenrücktritt im Präsidium sieht. Dadurch ist klar, dass es zunächst einen Rückschritt geben wird. Und es muss sich weisen, ob das, was an Potenzial hinzukommt, größer ist als das, was wegbricht. Da sind jetzt alle Skeptiker – nicht nur der Aufsichtsrat – in der Pflicht. Letztendlich muss sich zeigen, ob das mit der großen Kickers-Familie funktioniert oder nicht.
Der Aufsichtsrat unter seiner jetzigen Führung hat in der Vergangenheit nicht gerade zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen. Sind Sie optimistisch, dass sich diesbezüglich etwas verbessert?
Was die Kontakte angeht, auf jeden Fall – die wird man jetzt gezielter einsetzen. Man muss einfach sehen, dass es in der Vergangenheit ein unüberbrückbares Kommunikationshindernis gab, ausgelöst durch die hemdsärmlige Vereinsführung von Herrn Kullen. Ich persönlich habe ein großes Herz für diese Handschlagpolitik, aber breite Zustimmung hat das leider nie gefunden. Außerdem liegen die großen finanziellen Leistungen der Sanierungsarbeit in der Vergangenheit, und die geraten leider schnell in Vergessenheit.
Für die Zukunft wurde Kullen ein fehlendes Konzept vorgeworfen. Zu Recht?
Für die Etataufstockung in Zukunft hat er sich immer einen starken Männerbund vorgestellt, der in die eigene Tasche greift, aber das ist keine Existenzgrundlage für den Verein, damit stand Kullen allein auf weiter Flur. Der Ansatz des Aufsichtsrats und von mir ist der, dass der Verein über seine Stellung hier in Stuttgart attraktiv für Unternehmen ist, als kleine und sympathische Alternative zu der sportlichen Konkurrenz des VfB in der Stadt. Das muss klappen. Und wenn das gar nicht gelingt, dann haben die Stuttgarter Kickers keine Daseinsberechtigung.
Glauben Sie, dass es genug Unternehmen gibt, die diese Philosophie mittragen?
Wenn wir die Herzlichkeit im Verein vorleben, dann gibt es genug, die sagen, wir können uns damit identifizieren. Auch wenn noch keiner der großen Wirtschaftskapitäne der Stadt angerufen und gefragt hat, wo er das Geld hin überweisen soll. Aber wir haben ausgezeichnete Werbewerte, wenn man auf die TV-Kontakte schaut, die weit über dem ursprünglichen Ansatz liegen, auch wenn man sehen muss, ob sich das dauerhaft halten lässt. Deshalb sehe ich gute Möglichkeiten zur nachhaltigen Gesundung des Vereins. Das ist das erklärte Ziel. Und wenn ich nicht die Vision hätte, dass so etwas funktioniert, hätte ich es niemals gemacht.
Ein Dauerthema in Sachen Werbepartner ist der Hauptsponsor. Sind Sie da überzeugt, dass die Garmo AG jetzt weitermacht, vielleicht sogar – wie vom Verein gewünscht – zu verbesserten Konditionen?
Da steht noch ein Gespräch mit der neuen Führung aus, dem ich nicht vorgreifen möchte. Zumal die Garmo AG ja eine Option bis zum 31. März hat, die sie ziehen kann. Wenn sie das nicht tut, müssen wir uns nach Alternativen umsehen. Aber da bin ich mir sicher, dass die Chancen durch die veränderte Situation gestiegen sind.
Unabhängig vom Engagement des Hauptsponsors soll der Etat erhöht werden, es stehen als Steigerung Zahlen zwischen einer und zwei Millionen Euro im Raum. Ist das realistisch?
Dass der Etat erhöht werden soll, entspricht den Tatsachen. Aber diese Summe ist schon sehr ambitioniert. Das halte ich ohne den Einsatz von Risikokapital nicht für möglich. Und dass solche Kapitalgeber auftreten, ohne dass wir die Lizenzspielerabteilung ausgliedern, halte ich für illusorisch. Ich arbeite ja seit anderthalb Jahren an der Einbindung von Risikokapital in den Verein.
Mit welcher Erfahrung?
Dass es sehr, sehr schwierig ist, seriöse Angebote zu bekommen. Wenn ich mich auf dubiose Geschichten einlasse, und die gehen schief, dann kann ich aus Stuttgart verschwinden. Das ist nicht mehrheitsfähig. Da bin ich selbstkritisch genug, dass ich nur eine solide Lösung nehme, wenn sie sich anbietet. Eine solche zeichnet sich aber derzeit nicht ab, da sind wir über die Findungsphase noch nicht hinausgekommen.
Im Internet haben Sie sich Moneyman genannt. Bedeutet das nun, dass Sie in finanziellen Dingen einen ähnlich harten Kurs fahren wie Ihr Vorgänger?
Zunächst einmal war das ja ein Witz, weil ich mich im Internet nicht als Schatzmeister oder Eichelbaum anmelden wollte. Aber als Insolvenzverwalter bin ich knappe Kassen gewohnt. Und die Mittel, die wir haben, sind sehr knapp. Unter Herrn Kullen wurden die vorhandenen Ressourcen sparsam eingesetzt – daran wird sich unter meiner Führung sicher nichts ändern.
Und in der Trainerfrage?
Auch da will ich größtmögliche Kontinuität. Das heißt, Robin Dutt ist mein absoluter Favorit, und er hat mir gegenüber nochmals bestätigt, dass er nur in die zweite Liga geht, wenn er ein überzeugendes Angebot hat. Jetzt liegt es an ihm, sich bis zum 31. März zu entscheiden.
Würden Sie sich an Ihrem ersten Arbeitstag eher als Interimslösung oder als Dauerlösung bezeichnen?
Weder noch. Es geht primär darum, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wenn das sehr gut gelingt, steigt natürlich die Bereitschaft, die Arbeit nicht nur temporär zu sehen. Ich möchte mit der neuen Führung einen Etat für die nächste Saison zusammenstellen, mit dem wir konkurrenzfähig sind. Wenn wir zu den geplanten 2,4 Millionen Euro noch 200 000 Euro draufpacken könnten, wäre das ein großer Schritt. Aber das ist eine Herkulesaufgabe.
Stuttgarter Zeitung