Fußball – Der ehemalige SSV-Präsident genießt seine Freizeit. Bei den Kickers 601 000 Euro Plus erwirtschaftet
VON MANFRED KRETSCHMER
REUTLINGEN. Hans Kullen ist mit sich im Reinen. »Am Freitag komme ich ins Kreuzeiche-Stadion und schaue mir das Regionalliga-Spiel zwischen Reutlingen und den Stuttgarter Kickers an«, sagt der 65-Jährige. Er lächelt. Und fügt hinzu: »Ich war zuletzt bei fast jedem SSV-Heimspiel dabei.«
Hans Kullen hat mit den beiden schwäbischen Traditions-Klubs eine ganz besondere Beziehung. Beim SSV übernahm er während der Turbulenzen nach dem Zweitliga-Abstieg das Ruder und verewigte sich wenig später als »66-Tage-Präsident« in den Annalen. Kurze Zeit danach stieg der Versicherungskaufmann bei den Stuttgarter Kickers als Vereinschef ein. Dieses Amt legte er kürzlich nach dreieinhalb Jahren nieder.
»Verstehe nicht, dass man von mir erwartet, Geld zu verschenken«
Hans Kullen und die Stuttgarter Kickers – dieses Kapitel ist längst nicht geschlossen. Vor wenigen Tagen machte die Kunde die Runde, dass der in Reicheneck wohnende Hülbener von den Kickers Geld will. Er fordert die Rückzahlung seines Darlehens in Höhe von 437 000 Euro. Damit bringt er das neue Führungsgremium auf der Waldau mächtig ins Schwitzen. Denn dieses möchte den für die nächste Fußball-Regionalliga-Saison vorgesehenen Etat in Höhe von 2,4 Millionen Euro kräftig erhöhen. Der Aufsichtsrat um Ex-Nationalspieler Walter Kelsch plant eine Haushalts-Aufstockung um ein bis zwei Millionen Euro. Die Macher auf der Waldau sind deshalb alles andere als erfreut, demnächst ein Darlehen zurückzahlen zu müssen.
»Für mich ist es neu, dass es ein Verbrechen ist, wenn einer sein Geld zurück will. Ich verstehe nicht, weshalb man von mir erwartet, Geld zu verschenken«, formuliert Kullen. Wegen einer »Rang-rücktrittsvereinbarung« bis 30. Juni 2008 dürfte er die gesamte Summe erst in gut einem Jahr erhalten. Aber: Eine Zinsverzichtserklärung hat Kullen, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, diesmal nicht unterschrieben. »Ich will meine Zinsen zum 30. Juni 2007 und das Darlehen spätestens in einem Jahr«, erklärt er unmissverständlich.
Weshalb hat Kullen die Brocken nach dreieinhalb Jahren als erster Mann der »Blauen« hingeworfen? Kurz vor seinem Rücktritt, so war zu hören, habe der Aufsichtsrat Kullen das Misstrauen ausgesprochen – er sei teamunfähig und habe wichtige Entscheidungen mit dem Kontrollgremium nicht abgestimmt.
Kullen wiederum erklärt, er habe schon vor geraumer Zeit seinen Ausstieg zum 30. Juni diesen Jahres angekündigt. »Auf finanziellem Gebiet hatte ich keine Unterstützung. Ich wollte nicht weiterhin den Alleinunterhalter spielen.«
Vor allem die Mitglieder des Aufsichtsrates hätten sich nicht genügend engagiert. Kullen machte übrigens nicht als einziger den Abflug – auch seine Präsidiumskollegen Dieter Wahl, Jürgen Köhn und Edgar Kurz zogen sich zurück. Mit seiner hemdsärmeligen Art eckte Kullen in der Kickers-Familie immer wieder an. Er ist nun mal ein Mann der offenen Worte, ein Mann der Taten. »Mein Motto heißt: Nicht nur reden, sondern tun«, so Kullen.
Und getan hat er sehr viel beim Ex-Bundesligisten. Seine Bilanz ist imposant. »Als ich kam, stand der Verein vor der Insolvenz; als ich ging, war ein Plus von 601 000 Euro da.«
»Ich wollte nicht weiterhin den Alleinunterhalter spielen«
Kullen erinnert sich, dass er vor seiner Wahl zum Kickers-Präsidenten geleimt worden war. »Man hat mir 21 000 Euro Miese versprochen.« In Wirklichkeit sei der Verein »total überschuldet« gewesen und zudem sportlich vor einem Scherbenhaufen gestanden. Kullen: »Die Stuttgarter Kickers wären 2003 in die Oberliga abgestiegen, sind aber letztlich drin geblieben, weil der SSV Reutlingen und Waldhof Mannheim keine Regionalliga-Lizenz erhielten.« Normalerweise hätte er sich damals gleich wieder verabschieden können von seinem neuen Amt. Doch Kullen nahm nach eigenen Angaben »mein Herz in beide Hände« und leitete die Konsolidierung ein. Sportlich ging’s aufwärts und auf wirtschaftlichem Sektor gelang ihm das Kunststück, in neun Monaten 1,2 Millionen Euro einzusparen.
Hans Kullen ist mit sich im Reinen. »Ich habe erhobenen Hauptes als Präsident der Kickers aufgehört«, verkündet er voller Stolz. In ein neues Amt drängt es ihn in diesen Tagen nicht. »Ich könnte schon längst wieder eines haben, wenn ich gewollt hätte. Ich genieße jetzt aber meine Freizeit.« Beispielsweise geht er als normaler Zuschauer ins Kreuzeiche-Stadion. Morgen Abend. Zum Derby zwischen dem SSV Reutlingen und den Stuttgarter Kickers. (GEA)