Presse zu Stuttgarter Kickers II – SV Bonlanden (5:0)

Hätte der Aufsteiger SV Bonlanden seine jüngste Erfolgsserie auch im Spiel bei den Stuttgarter Kickers II fortgesetzt, wer weiß, vielleicht wäre er noch einmal an die Nichtabstiegsplätze herangekommen. Mit der 0:5-Pleite des Tabellenletzten wurde das kleine Fünkchen Hoffnung aber wohl endgültig ausgetreten. Die Tore für die Nachwuchself der Kickers erzielten Mike Baradel (28.), Dominique Rodrigues (33.), Marco Kovac (34.), Sven Sökler (40.) und Marco Tucci (53.). „Einige Spieler kennen sich schon lange, sie sind zusammengewachsen, andere haben sich gut entwickelt. Zudem sind wir torgefährlicher als früher“, sagte der Kickers-Trainer Björn Hinck über die erfolgreiche Saison. Der frisch gebackene Vater eines Sohnes gab gestern im Spiel gegen 1860 München auch seinen Einstand als Coach der Kickers-A-Junioren, die er bis Saisonende an Stelle des freigestellten Wolfgang Schneck betreut. Bonlanden hat in dem Abwehrspieler Kristijan Lasic (TV Echterdingen) und in dem Stürmer Michael Fiorini (TSV Dagersheim) derweil zwei Neuzugänge für die nächste Spielzeit verpflichtet. Der Mittelfeldspieler Panagiotis Deligiannidis wechselt dagegen zum SGV Freiberg, der gegen den FC Emmendingen 2:1 gewann. Für den SGV traf zweimal Michael Schürg (16./65.), sein Mitspieler Marcel Schreiber flog mit Rot vom Platz (53.).

Stuttgarter Zeitung

Erfahrungen „unter aller Kanone“
 
FUSSBALL Für den SV Bonlanden leben mit dem 0:5 bei den Kickers unliebsame Zeiten auf
 
Bad Cannstatt. Frust über das Schiedsrichter-Gespann, Frust über die eigene Leistung, Frust über das Ergebnis – mit dem 0:5 bei den Kickers hat der Fußball-Oberligist SV Bonlanden einen Rückfall in vergangen geglaubte Zeiten erlebt. Ausgerechnet an diesem Spieltag.

Von Franz Stettmer

Gäbe es am Saisonende in der Fußball-Oberliga eine Pleiten-Pech-und-Pannen-Hitliste, diese eine Szene hätte beste Chancen auf einen Spitzenplatz. Nicht dass ihr noch eine besondere Bedeutung zugekommen wäre. Es war das 0:5 aus Sicht des SV Bonlanden. Und im Prinzip konnte man anmerken: auch schon wurscht. Doch war selbige Sequenz so etwas wie die noch fehlende symptomatische Zugabe für diesen verkorksten Nachmittag der Gästeelf.

Wieder einmal hatten die Kickers ihre Freiräume auf der überforderten linken Bonlandener Abwehrseite genutzt und der eingewechselte Dominik Küz den Ball vors Tor geflankt. Dort versuchte zuletzt der Keeper Jürgen Thomma mit einem energischen Schlag zu klären. Die Kugel hat er wohl getroffen, der Befreiungsversuch indes landete direkt in den Beinen des eigenen Mitspielers Andrej Greif – und von dort wiederum hoppelte das Spielgerät aufreizend ins Bonlandener Netz. Ein Billardtor wider Willen. Der Youngster Greif war damit ohne eigenes Verschulden vollends zum Pechvogel avanciert. Schon zum 0:4 war er der Schütze gewesen, als er eine Flanke Sven Söklers unglücklich verlängert hatte.

„Es war klar, dass auch einmal wieder so ein Spiel kommen würde“, sagte der Trainer Klaus Kämmerer, nachdem seine Mannschaft von den vorigen acht Partien lediglich eine einzige verloren gehabt hatte, und das nur knapp. Das Bittere ist der Zeitpunkt, zu dem der Aufschwung nun ein abruptes Ende gefunden hat. Musste es ausgerechnet an diesem Wochenende sein?

Die wieder aufgekeimte Hoffnung des Tabellenletzten, im Abstiegskampf noch einmal den Anschluss zu finden, hat mit der Niederlage einen deutlichen Dämpfer erhalten. Dabei hätte das, was unlängst illusorisch schien und von Kämmerer ohnehin stets zurückgewiesen worden war, an diesem Samstag realistische Züge annehmen können. Mit dem erhofften Sieg im Cannstatter Stadion Festwiese hätte die Mannschaft den Abstand zum im besten Fall rettenden 15. Tabellenplatz auf vier Punkte verkürzt.

Stattdessen erlebten die Bonlandener jedoch einen Rückfall in vergangen geglaubte Zeiten. Im und nach dem Derby erinnerte vieles an jene schwarzen Stunden der Hinserie, etwa aus Villingen oder Sandhausen. Ein, zwei Nackenschläge zeitigten eine Kettenreaktion unheilvoller Ereignisse – so fielen die ersten vier Gegentore vor der Pause innerhalb von nur 13 Minuten. Und auch in der Ursachenforschung tauchten hinlänglich bekannte Elemente auf. Bebend strafte Kämmerer zuletzt das Bahlinger Schiedsrichter-Gespann ab. „Klare Abseitsstellungen“ seien den ersten beiden Treffern von Mike Baradel und Dominique Rodrigues vorausgegangen. Überhaupt, halt wieder einmal Herrschaften aus Südbaden: mit dem dortigen Verband, so Kämmerer, „haben wir in dieser Saison Erfahrungen unter aller Kanone gemacht“.

Allerdings muss sich der SV Bonlanden auch den Vorwurf gefallen lassen, in dieser Phase Harakiri gespielt zu haben. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Marco Mangold – Kämmerer: „Ein dreckiges Foul“ von Marco Tucci – und der daraus erforderlichen Umstellung verlor die Mannschaft die Orientierung. Eine verhängnisvolle Viertelstunde lang taumelten die Gäste, nurmehr reagierend und unentschlossen in den Zweikämpfen, von einer Verlegenheit in die andere. Letzteres auch, weil Christian Schuster als Stellvertreter des grippekranken Lucio Fanelli einen schwarzen Tag erwischte.

Was blieb, war eine spekulative Frage: Wäre es anders gelaufen, wenn Kämmerer nicht obendrein auf den weiteren Abwehrpositionen sein Rotationsprinzip fortgeführt hätte? Hätte die so überzeugende Formation von vor acht Tagen die Sache besser gemacht? Der Trainer meinte: Unsinn. „Wenn man zwei Abseitstore erhält, ist man verunsichert – da kann dann spielen, wer will.“

Und da kommt dann eben auch einmal ein Ausreißer wie dieses 0:5 heraus – so lautete die Botschaft. Die Betonung liegt auf „Ausreißer“. Denn eines ist klar: dauerhaft will sich der SV Bonlanden unter keinen Umständen von seiner Pleiten-Pech-und-Pannen-Vergangenheit einholen lassen.

Stuttgarter Kickers II: Salz – Simsek, Accardi, Lukic, Baradel – Kärcher (71. Ivanusa) – Sökler (46. Küz), Kovac, Rodrigues – Karapantzos, Tucci (59. Bajrami).

SV Bonlanden: Thomma – Kemmler, Fabio Lapeschi, Valente, Schuster (56. Edelmann) – Mangold (30. Greif) – Liebenstein, Giampiero Lapeschi, Deligiannidis, Eckhardt (77. Kalesic) – Curic.

Stuttgarter Zeitung

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