Der Trainer der Kickers-Amateure hat auch die A-Jugend übernommen
Degerloch. Carpe diem – nutze den Tag. Björn Hinck kann in dieser Hinsicht niemand etwas vorwerfen: Der 30-Jährige trainiert parallel zur Oberliga-Mannschaft des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers auch die vom Abstieg bedrohten Bundesliga-A-Junioren – neben seiner Arbeit als Finanzbeamter.
Von Frank Pfauth
Zeit für ein Schwätzle am Telefon? „Gewiss“, sagt Björn Hinck, „telefonieren geht immer, trotz meines derzeitigen Programms.“ Selbst schuld, könnte man süffisant dazu anmerken. Seit Hinck unlängst zu seiner eigentlichen Aufgabe als Trainer der Oberliga-Mannschaft bei den Stuttgarter Kickers auf Bitten des Präsidiums auch das Coaching der abstiegsgefährdeten Bundesliga-A-Junioren des Degerlocher Clubs übernommen hat, ist Zeit für ihn zu einem knappen Gut geworden.
Beispielsweise am zurückliegenden Wochenende. Am Freitag musste er von der Seitenlinie aus ansehen, wie die zweite Kickers-Mannschaft ihre Partie in der derzeitigen Heimspielstätte im Stadion Festwiese mit 1:2 gegen den Spitzenreiter SV Sandhausen verlor. Zwei Tage später durfte der 30-Jährige dafür mit den A-Junioren über einen 3:2-Auswärtssieg beim Abstiegsmitkontrahenten SSV Reutlingen jubeln.
Drei Spiele, zwei Siege – so sieht die Zwischenbilanz der noch jungen Ära Hinck bei den Junioren aus. Die hatten die Punkte auch nötig und haben sie weiterhin nötig. Aus den verbleibenden drei Begegnungen muss die A-Jugend noch zwei weitere Siege einfahren, dann würde der Kickers-Nachwuchs den Klassenverbleib wider Erwarten noch schaffen.
Für den Trainer Hinck sind es sieben Partien bis zum Saisonende, die für ihn mit beiden Mannschaften zusammen in den kommenden drei Wochen auf dem Programm stehen. Reisestrapazen bei den Auswärtsfahrten sowie unzählige Trainingseinheiten nicht mitgerechnet. Nicht zu vergessen: Dieses Mammutprogramm absolviert er in seiner Freizeit. Der Mann arbeitet in seinem Hauptberuf als Finanzbeamter auf dem Böblinger Landratsamt. Außerdem ist Hinck vor knapp acht Wochen zum ersten Mal Vater geworden. Wie es dem Doppeltrainer gelingt, angesichts der Terminhetze den Überblick zu wahren? „Bislang jedenfalls war ich in den vergangenen Wochen immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, antwortet Hinck schmunzelnd.
Das Kontrastprogramm genießt derzeit Hincks Vorgänger, Wolfgang Schneck. Allerdings ist ihm sein Plus an Freizeit kein ungetrübter Genuss. Nach fast fünfjähriger Tätigkeit als A-Jugend-Coach hatten er und die Kickers-Verantwortlichen sich vor knapp zwei Wochen dazu durchgerungen, künftig getrennte Wege zu gehen. „Es war eine geräuschlose Trennung“, sagt Schneck. Kommentieren will er die Entscheidung nicht. Aber: „Sehr gerne hätte ich mein Werk auch bis zum Saisonende vor Ort begleitet“, sagt der 53-Jährige, der in seinem eigentlichen Beruf als Sportlehrer an einer Tübinger Hauptschule in Vollzeit unterrichtet. Die Verantwortlichen des Vereins hatten ihrem Meistertrainer den Klassenverbleib in der höchsten deutschen Spielklasse diesmal nicht mehr zugetraut – anders als noch in den vorangegangenen Jahren. Seit dem Bundesliga-Aufstieg der Blauen im Jahr 2003 war Schneck dieses Unterfangen regelmäßig gelungen.
Inzwischen habe er bereits einige Anfragen von anderen Vereinen erhalten, sagt Schneck, der nach eigenen Worten „auch zukünftig dem Fußballgeschäft verbunden“ bleiben werde. In welcher Form? „Kein Kommentar.“ Sicher ist derzeit nur so viel: „Björn Hinck genießt angesichts seines Engagements meinen vollen Respekt“, sagt Schneck, „ich hätte mir diese Doppelbelastung ganz sicher nicht angetan.“
Das Restprogramm des Trainers Björn Hinck in der Oberliga: Sa, 12. Mai: Bahlinger SC – Kickers II (15.30 Uhr); So, 20. Mai: Kickers II – 1. FC Pforzheim (15 Uhr); Sa, 26. Mai: TSG Hoffenheim II – Kickers II (15.30 Uhr); Sa, 2. Juni: Kickers II – VfR Mannheim (15.30 Uhr).
In der A-Junioren-Bundesliga: So, 13. Mai: Kickers – Karlsruher SC (14 Uhr); So, 3. Juni: Kickers – SSV Ulm 1846 (11 Uhr), So, 10. Juni: SC Freiburg – Kickers (11 Uhr).
Stuttgarter Nachrichten