StN: Bei den Blauen soll Tradition Zukunft haben

Kickers präsentieren ihr neues Team – Manager Cast: „Sind für eine knallharte Saison gerüstet“

Die Umgangssprache kann einen schon mal in die Irre führen. Drittklassig bedeutet nicht trivial oder minderwertig. Schon gar nicht im Fall der Stuttgarter Kickers. Die Blauen haben ihre eigene Qualität. Und wie der Fußball-Regionalligist die definiert, wurde am Samstagnachmittag bei der offiziellen Mannschaftsvorstellung im ADM-Sportpark deutlich: Die Kickers präsentierten sich als Club zum Anfassen.

VON MARTIN HAAR

Etwa 500 Mitglieder der so genannten Kickers-Familie genossen diese Atmosphäre. Sie nahmen ihre Helden in kurzen Hosen, die freilich (noch) keine Helden sind, in Manndeckung. Erhaschten Autogramme, Saisonprognosen (Jens Härter: „Wir spielen vorne mit“) oder andere Einschätzungen. Sie plauderten locker mit Cheftrainer Peter Zeidler über dessen schwere Mission und stellten hinterher angenehm überrascht fest: „Mensch, ist der nett.“ Kurzum: Die Kickers feierten unter weiß-blauem Himmel ein Familienfest nach dem Motto des Saisonmagazins „Aufregend seit 1899 – auch 07/08“. Soll heißen: Die Blauen versuchen sich weiter im Schatten des großen Nachbars und Meisters aus Cannstatt zu positionieren: als sympathische Alternative. In Degerloch soll Tradition Zukunft haben.

Aber alleine „Tradition wird nicht ausreichen“, ahnt Präsident Dirk Eichelbaum. Er weiß: Durch die Einführung der eingleisigen dritten Liga steht sein Club vor einer großen Herausforderung. Um nicht wie andere Traditionsclubs in Deutschland „in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden“ (Eichelbaum), müssen die Kickers kommende Saison mindestens Neunter werden. Ein Ziel, das natürlich alle 18 Clubs haben. Clubs, die mitunter bedeutend mehr Finanzkraft haben als die Kickers. Für Manager Joachim Cast ist daher jetzt schon klar: „Dass wird eine knallharte Saison.“ Dennoch geht er zuversichtlich an die Aufgabe heran. Mit voller Überzeugung – ganz ohne Zweckoptimismus – sagt er: „Wir sind gut gerüstet, wir haben uns gut verstärkt und haben alle unsere Wunschspieler bekommen.“

Einer davon ist Nico Beigang. Der 25-Jährige kam von Darmstadt 98 mit der Empfehlung von zwölf Saisontoren. Auf ihm ruhen die Hoffnungen der Blauen. Zusammen mit Angelo Vaccaro soll der 1,89 Meter große Stürmer die nötigen Tore für die Qualifikation zur dritten Liga schießen. Im Testspiel gegen den A-Kreisligisten SV Sillenbuch, in dem sich Neuzugang Marcel Rapp eine Platzwunde am Auge zuzog und mit sieben Stichen genäht werden musste, gelang das am Sonntag ganz gut. Beim 19:0-Erfolg erzielten die beiden zehn Tore. „Auch im Training harmonieren sie sehr gut miteinander“, sagt Cast und hofft, dass sich dies in den Pflichtspielen fortsetzt.

Das große Ziel heißt also Drittklassigkeit. Dies mag einen zunächst in die Irre führen. Aber für die Stuttgarter Kickers wird das Erreichen der neuen dritten Liga zur existenziellen Frage. Ohne den sportlichen Erfolg ist alles nichts. Nur so hat Tradition in Degerloch auch Zukunft.

Stuttgarter Nachrichten

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