Am Mittwoch standen die Kickers, wo sie am Ende der Saison stehen wollen: ganz weit oben
Degerloch. Im Hochseilgarten der SSB
probten die Kickers den Aufstieg, den Aufstieg auf ein zehn Meter hohes Klettergerüst aus Holz und Stahl. Die Trainingseinheit sollte den Teamgeist stärken und Spaß bringen. Die Kletterei hat auch symbolischen Wert: Diese Saison soll es hoch hinausgehen.
Von Jörg Eckstein
Vor allem Manager werden in jüngster Zeit auf die überdimensionalen Klettergerüste im Hochseilgarten auf der Waldau geschickt. Das gemeinsame Erleben von Grenzsituationen soll vor allem die Teamfähigkeit fördern und den Zusammenhalt der Führungsriegen stärken. Die Aufgaben in schwindelerregender Höhe sind so konzipiert, dass sie nur gemeinsam zu bewältigen sind. „Man muss zusammenarbeiten und sich hundert Prozent auf die anderen verlassen können“, sagt Markus Schmied, der die Gruppen bei ihrem Balanceakt betreut. „Wichtig ist auch, die eigenen Grenzen kennenzulernen und festzustellen, dass sie verschiebbar sind.“
Mit zehn Punkten aus fünf Spielen können die Kickers in dieser Saison ruhig ein bisschen vom Aufstieg träumen, und wer aufsteigen will, muss hoch hinaus. Das dachte sich zumindest der Trainer Peter Zeidler und schickte seine Blauen vergangenen Mittwoch für eine Trainingseinheit der besonderen Art in den Hochseilgarten der SSB. Dort konnten die Spieler dann schon mal den Aufstieg proben, nämlich den auf die zehn Meter hohe Konstruktion aus Baumstämmen und Stahlseilen.
Der Hochseilgärtnerin Marit Prade zufolge, die dafür sorgte, dass die Fußballer immer gut angeleint blieben, haben die Kickers den Krawattenträgern aus den Chefetagen einiges voraus: „Man merkt, dass die sich gefunden haben, die sind ein echtes Team, da klappt eigentlich alles auf Anhieb. Von der Fitness ganz zu schweigen.“
„Sagt meiner Mutter, dass ich sie lieb hab!“, ruft Mustafa Akcay, bevor er sich todesmutig und mit viel Pathos von der Plattform ins Sicherungsseil plumpsen lässt. Das Gejohle ist groß bei den Fußballern am Boden. „Ich fühl“ mich da oben wohler als auf dem Platz“, scherzt der Stürmer Sokol Kacani. „Ein Fehltritt hier ist mir lieber als ein Fehlpass im Spiel.“ Irgendwann müssen aber alle wieder zurück auf den Rasen der Tatsachen und statt der Höhenangst wieder die Torschusspanik bekämpfen.
„Es ist verblüffend, wie viel man vom Hochseil auf den Platz übertragen kann“, sagt Zeidler. „Es müssen Strategien entwickelt und Absprachen getroffen werden, und am Ende muss sich jeder auf den anderen verlassen können.“ Am kommenden Samstag, beim Spiel gegen Kassel, wird sich zeigen, ob die Kickers von dieser Trainingseinheit etwas mitgenommen haben und auch in der Tabelle klettern können.
Stuttgarter Zeitung