Presse zur Pokalblamage in Kirchheim

Schonfrist für Peter Zeidler
Nach dem Pokaldebakel beim VfL Kirchheim übt der Kickers-Trainer auch Selbstkritik
 
STUTTGART. Einen Tag nach dem 0:3 im WFV-Pokal haben die Kickers die Spieler Ortlieb, Beigang, Benda und Sökler zur zweiten Mannschaft verbannt. „Für den Trainer gibt es weder ein Ultimatum noch einen Freifahrschein“, sagt der Präsident Dirk Eichelbaum.

Von Joachim Klumpp

Der lang geplante Besuch des Volksfests mit der Belegschaft ist dem Kickers-Präsidenten am Samstagabend gründlich verdorben worden. Schließlich hatte die Mannschaft zuvor eine indiskutable Leistung abgeliefert und ist – auch in dieser Höhe – völlig verdient mit 0:3 beim VfL Kirchheim aus dem WFV-Pokal ausgeschieden. Dementsprechend aufgebracht waren die Fans, die die Spieler verbal attackierten. Die zeigten nach dem Schlusspfiff im Dialog mehr Engagement als auf dem Platz, allen voran Angelo Vaccaro, der sagte: „Wir geben alles.“ Doch das war viel zu wenig. Fast wie Hohn klang da die Aussage des Kirchheimer Trainers Rentschler: „Das Spiel ist für uns kein Maßstab, die Kickers waren heute nicht regionalligareif.“

Nein, sie waren schlicht am Tiefpunkt der Saison angekommen. „So kann es nicht weitergehen“, sagte der Manager Joachim Cast noch in der Kabine. Also wurde gestern um 9.30 Uhr eine Präsidiumssitzung anberaumt, in der Trainer Peter Zeidler seine Sicht der Dinge darstellte und zugab: „Meine Handschrift ist noch nicht zu erkennen.“ Dafür hält er nicht mehr die schützende Hand über die Spieler: Markus Ortlieb, Nico Beigang, Sascha Benda und Sven Sökler spielen ab sofort keine Rolle mehr und wurden ins Oberligateam zurückversetzt. Eichelbaum: „Ob es was nutzt, werden wir am Samstag gegen Reutlingen sehen.“ Das Regionalligaderby könnte schon zu einem Schlüsselspiel für den Trainer werden, wenngleich der Präsident betonte: „Es gibt weder ein Ultimatum noch einen Freifahrschein.“

Klar ist: die Tendenz der vergangenen Wochen ist fallend. Beim Oberligaaufsteiger Kirchheim – zuletzt mit 1:9 in Heidenheim unter die Räder gekommen – fehlte von der ersten Minute an jegliche Einstellung. Bezeichnend Söklers Patzer, der schon nach fünf Minuten das 0:1 einleitete, oder Vaccaro, der mit einem Elfmeter an Torwart Gühring scheiterte. Dennoch betonte Zeidler: „Wir haben den Gegner nicht unterschätzt.“ Dass die Leistungsträger wie Gambo (30 Minuten) oder Parmak (60 Minuten) zunächst nur auf der Bank saßen, erklärte sich mit deren verletzungs- beziehungsweise krankheitsbedingten Ausfällen unter der Woche. Noch bedenklicher ist, dass die Spieler aus der zweiten Reihe (nicht nur Sökler, auch Deigendesch, Tucci oder Baradel) ihre Chance nicht nutzen konnten. Cast sagte: „Wenn wir die Leistung von Kirchheim zum Maßstab nehmen, bräuchten wir eine neue Mannschaft.“

Als heimliche Sieger durften sich deshalb allenfalls die verletzten Härter, Stierle und Rodrigues fühlen. Ob die zusammen mit dem verbleibenden Gerippe des Kaders in der Lage sind, die Talfahrt zu stoppen, bleibt abzuwarten. Zeidler nimmt die Spieler jedenfalls in die Pflicht. „Sie haben sich gegenseitig im Stich gelassen, damit die Mannschaft – und vor allem auch den Verein.“

Dem konnte Eichelbaum nur zustimmen. „Die Mannschaft hat leichtfertig 150 000 bis 200 000 Euro vergeigt.“ Der Präsident rechnete im WFV-Pokal das schon ausgeloste Derby gegen Reutlingen und das Finale hoch, von der ersten DFB-Runde ganz zu schweigen. In Anbetracht dieser Umstände hofft Eichelbaum, dass zumindest ein wenig Bewegung in die finanzielle Forderungen mit dem Expräsidenten Hans Kullen kommt. Am Rande des Pokalspiels wurde für nächste Woche ein Gesprächstermin vereinbart.

Kickers: Yelldell – Ortlieb (59. Steinle), Wildersinn, Yildiz, Baradel – Sökler (35. Gambo), Akcay, Deigendesch (59. Parmak), Mann – Vaccaro, Tucci (46. Kacani).

Tore: 1:0 Meha (5.), 2:0 Polat (45.), 3:0 Meha (49.).

Bes. Vorkommnis: Gühring hält Foulelfmeter von Vaccaro (73.).

Stuttgarter Zeitung

Schonfrist für Peter Zeidler
Statt des Trainers fliegen bei den Kickers vier Spieler aus dem Kader
 
Stuttgart – Der Stuhl von Trainer Peter Zeidler bei den Stuttgarter Kickers wackelt bedenklich. Nach dem 0:3-Pokaldebakel beim VfL Kirchheim entschied sich der Fußball-Regionalligist zunächst jedoch für die Suspendierung von vier Spielern.

VON JÜRGEN FREY

Am Morgen danach gab es auf Degerlochs Höhen reichlich Gesprächsbedarf. Erst debattierte das Präsidium zusammen mit Manager Joachim Cast und Aufsichtsratsmitglied Rainer Lorz über den Ernst der Lage. Dann wurde die Mannschaft nach dem Training ins Jugendhaus beordert. Eine Stunde warteten die Spieler dort, ehe die Führungsriege samt Trainer hinzukam. Nicht wenige im Team rechneten mit der Bekanntgabe von Zeidlers Rauswurf, doch es folgten andere Konsequenzen. Ohne Angabe von Gründen teilte der Coach die Suspendierung von vier Spielern mit: Sascha Benda, Sven Sökler sowie die Neuzugänge Nico Beigang und Markus Ortlieb werden bis auf weiteres ins Oberligateam strafversetzt. Das Quartett darf sich auch nicht mehr in der Kabine der Regionalligaelf umziehen und räumte bereits den Spind. Nach außen rechtfertigte Zeidler die mit dem Verein abgestimmte Maßnahme wie folgt: „Wir können unsere Ziele nur erreichen, wenn sich alle Spieler in vollem Umfang mit dem Verein und der Mannschaft identifizieren und dies auch durch Leidenschaft und Leistung zum Ausdruck bringen.“

Die Chefetage hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Nach eingehender Analyse hielt das Gremium am Trainer fest. „Wir waren uns einig, dass eine Beurlaubung von Peter Zeidler das falsche Signal wäre und noch nicht alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind“, sagte Präsident Dirk Eichelbaum.

Am Tag zuvor war der Häuptling der Blauen Zeuge eines sportlichen Offenbarungseids seiner Mannschaft. „Das war der schändlichste Auftritt einer Kickers-Mannschaft, den ich je gesehen habe“, kommentierte Eichelbaum die desolate Vorstellung. Das Aus im Achtelfinale des WFV-Pokals trifft die Kickers auch finanziell hart: Die mögliche Teilnahme am DFB-Pokal wurde dadurch leichtfertig verspielt. „Wir haben 150 000 Euro in den Sand gesetzt“, schimpft der Kickers-Chef.

Die Aufregung ist groß, die Lage explosiv. Die Fans sind mit ihrer Geduld am Ende. Mannschaft und Trainer haben jeglichen Kredit verspielt. Mit Zeidler-raus-Rufen machten die Treuesten der Treuen in Kirchheim ihrem Ärger Luft. Die Spieler wurden beim Gang in die Kabine beschimpft. Später stellten sich die Stürmer Angelo Vaccaro und Sokol Kacani den aufgebrachten Anhängern und diskutierten über die Situation. Eine plausible Erklärung für den desolaten Auftritt hatte keiner.

Das Einzige, was jetzt noch helfen könnte, wäre der erste Heimsieg am Samstag (14 Uhr) gegen den SSV Reutlingen. So lange läuft die Schonfrist für Zeidler. „Alles Gequatsche bringt jetzt nichts, im Derby muss eine Reaktion auf dem Platz erfolgen“, betont Eichelbaum, der den Krisenherd Kickers diese Woche nur aus der Ferne beobachten kann: Er weilt auf Dienstreise in Mecklenburg-Vorpommern. Und der Trainer? Er strich den freien Montag, will hart arbeiten und hofft auf den Befreiungsschlag gegen Reutlingen. Es ist seine letzte Chance.

Stuttgarter Nachrichten

Der Tiefpunkt
VON JÜRGEN FREY
 
Die Grenze des Zumutbaren ist überschritten: Was die Stuttgarter Kickers am vergangenen Samstag beim 0:3 im WFV-Pokalspiel beim Oberliga-Vorletzten VfL Kirchheim ablieferten, spottete jeder Beschreibung. Es war der absolute Tiefpunkt im bisherigen Saisonverlauf, in dem die Mannschaft in noch keinem Punktspiel 90 Minuten lang überzeugen konnte.

Das Fehlen überragender Einzelspieler können die Kickers nur über kompaktes Auftreten und eine geordnete Spielorganisation ausgleichen. Das Schlimme: Genau daran mangelt es häufig. Die Handschrift des Trainers ist – wenn überhaupt – nur schemenhaft zu erkennen. Peter Zeidler hat einiges von seiner Autorität eingebüßt. Teile der Mannschaft zweifeln inzwischen an seinen Worten. Dennoch hat die blaue Chefetage im freien Fall nicht die Reißleine gezogen und den glücklosen Coach mit ein paar bedauernden Worten und einer ordentlichen Abfindung beurlaubt. Noch nicht. Zeigt die Mannschaft am kommenden Samstag im Regionalliga-Derby gegen den SSV Reutlingen wieder keine Reaktion, werden die Granden in Degerloch handeln müssen. Sie werden in diesem für die Existenz des Vereins so wichtigen Qualifikationsjahr für die dritte Liga nicht umhinkommen, einen Mann auf die Bank zu setzen, der neue Kräfte mobilisieren kann.

Zeidler jedenfalls hat seinen letzten Trumpf mit der Suspendierung von vier Spielern bereits ausgespielt.

Stuttgarter Nachrichten

 

„Harte Personalmaßnahmen“

Nach dem Aus im WFV-Pokal suspendieren die Kickers vier Spieler – Zeidler unter Druck
 
Stuttgart – Man konnte in den vergangenen beiden Jahren den Eindruck gewinnen, die immer wieder von Krisen geschüttelten Stuttgarter Kickers seien etwas zur Ruhe gekommen. Robin Dutt saß bei dem Fußball-Regionalligisten so fest im Sattel wie kaum ein Trainer zuvor. Sein Nachfolger Peter Zeidler scheint weniger Kredit zu haben. Das peinliche Aus im WFV-Pokal durch das 0:3 (0:2) bei Oberligist VfL Kirchheim hat die Situation nicht verbessert.

Von Sigor Paesler

„Wir werden dem Trainer kein Ultimatum setzen. Wir warten jetzt einfach die Entwicklung der Mannschaft ab“, sagte Präsident Dirk Eichelbaum gestern, nachdem im Umfeld schon über eine bevorstehende Beurlaubung des zu Saisonbeginn verpflichteten Übungsleiters gemunkelt worden war. In Kirchheim gab es von den Rängen „Zeidler raus“-Rufe. So weit ist es noch nicht. Aber Eichelbaum machte auch deutlich: „Bis jetzt wurde kein Team gefunden. Das spricht gegen die Mannschaft, aber auch gegen den Trainer.“ Der Präsident hatte sich zuvor schon über die schlechte Heimbilanz (kein Sieg in fünf Spielen, Vorletzter der Heimtabelle) und die dabei gezeigten Leistungen beklagt.Zeidler selbst ist mit der Situation zwar auch unzufrieden. „So früh im WFV-Pokal auszuscheiden, darf nicht sein“, sagte er. Und: „Natürlich spielen wir noch nicht so, wie ich mir das vorstelle. Dafür bin auch ich als Trainer verantwortlich.“ Gleichzeitig sieht er seinen Stuhl aber nicht in Gefahr: „Gerade Dirk Eichelbaum steht voll hinter mir. Das haben die jüngsten Gespräche gezeigt.“ Dabei wurde gestern gemeinsam eine Maßnahme beschlossen: Vier Spieler, darunter zwei Neuzugänge, werden als Konsequenz aus dem Debakel in Kirchheim (Torschützen zwei Mal Feriz Meha sowie Emrah Polat) ins Oberliga-Team der Kickers verbannt. Als „harte Personalmaßnahmen“, wie es gestern in einer Pressemitteilung hieß, werden Markus Ortlieb, Sa­scha Benda, Nico Beigang und Sven Sökler bis auf weiteres nicht zum Regionalliga-Kader der Stuttgarter gehören. „Einige Spieler haben gezeigt, dass sie mit Teambuilding nichts am Hut haben“, begründete Eichelbaum. Zeidler hofft, so zu bewirken, dass die Mannschaft „eine klarere Struktur“ bekommt.

Große Ernüchterung
Vor einem Jahr noch träumten die Kickers nach fulminantem Saisonstart vom Aufstieg in die zweite Liga. Nun herrscht große Ernüchterung und einige sehen das Ziel, sich für die eingleisige dritte Liga zu qualifizieren, in Gefahr. Zeidler verweist in diesem Zusammenhang zurecht darauf, dass das Team mit Platz acht und 15 Punkten durchaus noch aussichtsreich im Rennen liege: „Es ist nicht so, dass wir noch nichts erreicht haben.“ Der Stimmung zuträglich ist dabei aber nicht gerade, dass die positiven Ergebnisse bisher vor allem auf fremden Plätzen (vier Siege in sechs Spielen, Dritter der Auswärtstabelle) eingefahren wurden.

Am Samstag (14 Uhr) erwarten die „Blauen“ den Vorletzten SSV Reutlingen. Zeidler weiß, „dass wir Ergebnisse bringen müssen“ und gibt sich kämpferisch: „Ich bin motivierter den je.“ Damit wieder Ruhe einkehrt bei den Kickers, ist aber mehr als ein Sieg nötig.
 
Eßlinger Zeitung

Starzmann ist voll des Lobs

KIRCHHEIM Der Fußball schreibt manchmal seltsame Geschichten. Vor zwei Wochen kassierte der VfL Kirchheim in der Oberliga beim FC Heidenheim eine vernichtende 1:9-Pleite, nun das 3:0 im WFV-Pokal gegen den Regionalligisten Stuttgarter Kickers. Ein kleines Fußballmärchen und ein Waterloo für die Kirchheimer Gäste. Peter Zeidler, der Trainer der Stuttgarter Kickers, suchte nach Erklärungen: „Die Tore sind immer zu einem ungünstigen Zeitpunkt gefallen“, sagte er. Dann ging er mit seinen Spielern hart ins Gericht: „Die haben sich gegenseitig im Stich gelassen. Bisher haben wir die Mannschaft geschützt. Das ist jetzt vorbei.“

Auf der Gegenseite hielt VfL-Trainer Michael Rentschler den Ball trotz des Favoritensturzes flach. „Es fällt mir schwer, das Spiel als Maßstab zu nehmen. Die Kickers haben nicht den Regionalliga-Ansprüchen genügt, und wir sind über uns hinausgewachsen. Aber das Spiel gibt uns Selbstvertrauen für das Spiel in Walldorf.“ Da wird dann wohl auch wieder Torsten Raspe zum Kader hinzukommen. Der 38-Jährige hatte am letzten Samstag eine private Verpflichtung. Der verletzte Mario Grimm freute sich mit der Mannschaft: „Die Kickers haben uns klar unterschätzt. Bei uns haben der Sturm und das Mittelfeld gut nach hinten gearbeitet.“ In zwei Wochen will der Spielführer wieder richtig angreifen. Torwart Patrick Gühring freute sich natürlich über das Zu-null-Resultat: „Das tut gut. Wir wollen den Auftrieb mitnehmen zum nächsten Spiel in Walldorf.“

Auf der Tribüne saß übrigens auch Peter Starzmann, der Coach des SSV Reutlingen. Das Team von der Achalm spielt am kommenden Wochenende in der Regionalliga bei den Stuttgarter Kickers. Starzmann, der einige Jahren im VfL-Trikot unter Trainer Helmut Groß und Hansi Kleitsch gespielt hat, zum Kirchheimer Erfolg(smodell): „Beeindruckend. Die Kirchheimer Nachwuchsschule greift nach wie vor. Der VfL hat die Gunst der Stunde genutzt.“

Nach einem zweiwöchigen Kreta-Urlaub ist Norbert Krumm wieder zurück. Der sportliche Leiter nutzte den Sieg, um die Kritiker der letzten Wochen zu besänftigen: „Die fußballerische Substand ist da. Die Mannschaft hat es drauf.“ Hoffentlich auch in der Oberliga. . .
 
Der Teckbote

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