Der FSV Frankfurt macht in der Fußball-Regionalliga Furore – und will sich in der Stadt als zweite Kraft neben der Eintracht etablieren.
Die Stuttgarter Kickers spielen morgen (14 Uhr) in der Regionalliga beim FSV Frankfurt, dem Überraschungsteam der Saison. Der Aufsteiger steht vor dem Durchmarsch in die zweite Liga, und der Manager Bernd Reisig sagt: „Wir sind auf alles vorbereitet.“
Von Joachim Klumpp
Als der FSV Frankfurt neulich an der Kreuzeiche in Reutlingen spielte, kam es Mitte der zweiten Hälfte zu einem interessanten Spielerwechsel. Matthias Hagner ging, Lawrence Aidoo kam, Exbundesligaprofi (Frankfurt, VfB) für Exbundesligaprofi (Gladbach, Nürnberg) – was durchaus etwas über die Qualität des Kaders aussagt. Und was sagt die Konkurrenz zum Überraschungszweiten? „Frankfurt war für mich von Anfang an ein Geheimtipp“, meint Pfullendorfs ehemaliger Trainer Michael Feichtenbeiner. Und für den VfB-Kollegen Rainer Adrion steht fest: „Der FSV hat die stärkste Mannschaft der Liga – sie ist besetzt wie ein Zweitligist.“
Zu viel des Lobes? Zumindest ruft es den heftigen Widerspruch der Hessen hervor. „Wir haben keinen Zweitligakader“, sagt der junge Trainer Tomas Oral (35). „Und wir konnten keinesfalls mit finanziellen Angeboten locken, sondern nur mit der Chance für die Spieler, sich bei uns zu präsentieren.“ Das reichte immerhin, um Exprofis wie Husterer, Kreuz oder zuletzt Sobotzik zu verpflichten.
Dass es manchmal auch glückliche Umstände gibt, zeigt das Beispiel David Ulm, der in der Winterpause beim Ligarivalen SF Siegen ausgemustert wurde. Plötzlich stand er mit Trainingstasche am Bornheimer Hang und fragte, ob er vorspielen dürfe. Oral war er früher schon mal in einem Freundschaftsspiel aufgefallen – inzwischen sticht der Franzose auch den Gegnern ins Auge. Am Dienstag im Spitzenspiel bei der Spvgg Unterhaching erzielte er ein Tor beim 4:1-Sieg, der die Tür zur zweiten Liga weiter aufstieß.
„Wenn man so weit ist, will man es natürlich auch schaffen“, sagt der Manager Bernd Reisig, fügt aber hinzu: „Es gibt keinen Druck. Unser primäres Ziel war die Qualifikation für die dritte Liga.“ Doch selbst nach der sah es zunächst lange nicht aus. Zur Erinnerung: nach zehn Spielen stand der Club auf Platz 13 – und der Trainer in der Kritik. Oral gibt heute zu: „Natürlich hätten die Verantwortlichen mich damals entlassen können, aber ich glaube, das wäre die falsche Entscheidung gewesen.“
Das kann man – ohne Überheblichkeit – so sagen. Denn in der Rückrunde hat der FSV nur ein Spiel verloren, „Wir mussten insgesamt 18 neue Spieler einbauen, das braucht eben seine Zeit“, sagt Reisig, der den Etat für die Mannschaft mit offiziell 1,9 Millionen Euro beziffert. Wobei der Traditionsclub auf potente Partner bauen kann. Als Schachzug erwies sich die Liaison mit dem koreanischen Autokonzern Hyundai, der sonst nur bei EM und WM als Sponsor in Erscheinung tritt. Reisig erinnert sich: „Der wollte eigentlich lediglich als kleinerer Werbepartner einsteigen, war dann aber von unserem Konzept so überzeugt, dass er Hauptsponsor wurde.“ Was dem Verein eine halbe Million Euro pro Saison bringen soll. Dass der FSV inzwischen neben der Eintracht auch gesellschaftlich anerkannt ist, zeigte sich beim Neujahrsempfang, zu dem 500 Gäste geladen waren – darunter der DFB-Präsident Theo Zwanziger.
Daneben gilt in der Finanzmetropole die Volksbank als Förderer des Vereins, die bezeichnenderweise als Namensgeber für das Stadion am Bornheimer Hang fungiert. Zum Gastspiel der Kickers morgen ist die Kapazität auf 4700 Plätze beschränkt, bis zum kompletten Umbau im März nächsten Jahres steigt sie dann auf 11 000. Was für die zweite Liga zwar nicht ganz reichen würde, aber auch da wird sich eine Lösung finden.
Unabhängig davon, wie die sportliche Entwicklung ausgeht, hat ein Akteur des FSV den Aufstieg sicher – und zwar in die Bundesliga. Der bisherige Teammanager und ehemalige Torhüter Thomas Ernst wird in der nächsten Saison Vorstandsmitglied beim VfL Bochum. „Es fällt mir schwer wegzugehen, weil beim FSV etwas Großes am Entstehen ist“, sagt Ernst, gibt aber zu: „Manager bei einem Bundesligisten zu sein, war mein Ziel.“
Und das Ziel des FSV? „Wir haben jetzt schon so viel erreicht, alles andere ist Zugabe“, sagt Manager Reisig und fügt noch an: „Wir sind auf alles vorbereitet.“
Auch auf die Stuttgarter Kickers natürlich, die morgen als Außenseiter antreten. „Aber in dieser Rolle haben wir uns zuletzt ja leichter getan“, sagt deren Trainer Stefan Minkwitz, der trotz seiner 270 Pflichtspiele als Profi nur ein Problem hat: „Ich habe keine Ahnung, wo das Stadion liegt.“ Sicherheitshalber reist er mit der Mannschaft ja schon heute in Frankfurt an.
Quelle: StZ