Es gibt eine Komödie mit der französischen Filmlegende Jean Gabin, sie heißt im Original „Archimède, le clochard“ und auf Dummdeutsch „Im Kittchen ist kein Zimmer frei“. Der Inhalt des Films hätte mit den Stuttgarter Kickers nichts zu tun, könnte man le clochard nicht mit Penner übersetzen.
Der Ärger mit den Kickers geht mir langsam auf den Zeiger. Wie viele Leidensgenossen nehme ich es ihnen nicht übel, wenn sie spielen wie eine Stammheimer Therapiegruppe. Wie andere Kickers-Menschen ertrage ich es, dass wir die Spiele hinter einem aufgespannten Sicherheitsnetz auf der Stehtribüne verfolgen. Die Maschen dieses Netzes sind eng, das Monstrum wurde aufgehängt, nachdem ein verirrter VfB-Fan einen Linienrichter mit einem halbvollen Plastikbecher am Hals getroffen hatte. Der Schiri-Assistent ging zu Boden, als hätte man ihm das Genick gebrochen.
Diese Szene wird heute noch vom Fernsehen bei jeder unpassenden Gelegenheit als Beispiel für Gewalt im Stadion gezeigt. Und wir atmen deshalb auf der schönen Waldau immer noch gesiebte Luft. Wir haben das erduldet, ohne Rauchbomben zu werfen. Jetzt aber hören wir, die Kickers könnten zum Saisonbeginn nicht auf ihrem Platz spielen, weil dort der erforderliche Schließfach-Knast für wild gewordene Fans fehlt. Bürokratisch gesehen handelt es sich um eine fehlende „Verwahrungszelle“, also einen Käfig für zwanzig Narren, falls die mal aus dem Ausland auftauchen, aus dem Rheinland oder aus Dresden.
Dabei wäre eine Verwahrungszelle auf der Waldau nur dann dienlich, wenn sich die Frau Sportbürgermeisterin mal blicken ließe: Frau Doktor Eisenmann, wegen ihrer weithin bekannten Sensibilität auch Doktor Rambo genannt, würde man schon mal eine Auszeit mit Gitter-Blick gönnen. So könnte sie in Ruhe darüber nachdenken, wie man Fußball in der Stadt organisiert, ohne auf der Vip-Tribüne „Olé VfB“ zu schreien. In dieser Stadt war es noch nie ein Problem, Leute einzulochen. Schon während der WM 06 feierte Englands Presse den eigens auf dem Parkplatz vor dem Polizeipräsidium an der Hahnemannstraße aufgebauten Frischluft-Kerker für die Fans als „Little Guantanamo“. Da ist es doch ein Klacks, die läppische DFB-Forderung nach einem Banditen-Bunker an der Seitenlinie zu erfüllen.
Wenn ein Mann ins Gefängnis geht, Frau Sportbürgermeisterin, wandert er laut Volksmund in den Bau. Und wozu wurde dann der Bau-Container erfunden? Richtig: Den stellt man auf, wenn die Penner von der Stadt melden, bei den Kickers sei kein Zimmer für ein Kittchen frei. Ich bitte Sie: Es kann doch keinen Mangel an zeitgemäßer Knast-Logistik geben in einer Stadt, die international nicht nur für Porsche, Mercedes und ihre Sportbürgermeisterin berühmt ist. Sondern vor allem für Stammheim.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten