Krisengipfel auf der Waldau
VfL reist mit zwei Neuen und dem Mut der Verzweiflung nach Degerloch
Der VfL Kirchheim lechzt nach dem ersten Saisonsieg in der Fußball-Oberliga wie ein Dürstender in der sengenden Sonne. Ob er morgen, 19 Uhr, auf den „Golan-Höhen“, wie der Lokalrivale VfB das Sportgelände der Stuttgarter Kickers gerne verjuxt, von seinen Qualen endlich erlöst wird?
KLAUS SCHLÜTTER
Kirchheim. Grund für mehr Zuversicht nach nur einem Unentschieden in den ersten fünf Spielen sind zwei neue Hoffnungsträger. Der eine ist der Grieche Vergoulakis Karapantzis, ein 21-jähriger Stürmer vom 1. FC Pforzheim. Der andere heißt Oliver Otto und hat sich in der Region in langen Fußballjahren einen guten Namen gemacht. Beim VfB Stuttgart spielte er einst gar in der Bundesliga. Zuletzt bewies er beim SSV Reutlingen, dass er auch mit 35 in der Regionalliga noch Akzente setzen kann. „Von ihm erhoffen wir uns mehr Stabilität in allen Belangen, von Karapantzis mehr Durchschlagskraft nach vorn“, meint Co-Trainer Uli Thon. „Wir hoffen, dass mit den beiden Neuen ein Ruck durch die Mannschaft geht.“
Dem VfL fehlte es bisher an Führungsfiguren. Oliver Otto hat das Zeug dazu, im defensiven Mittelfeld auf Anhieb in diese Rolle zu schlüpfen und die Mannschaft mitzureißen. Er selber hält den Ball flach: „Ich habe in den letzten sechs Wochen nur für mich trainiert. Ich fühle mich gut, aber Wunderdinge darf man im ersten Spiel nach nur zwei Trainingseinheiten mit der Mannschaft nicht erwarten“, betont der Sport- und Gymnastiklehrer aus Wernau. „Ich kann nur hoffen, dass wir anders auftreten als der VfL zuletzt gegen Villingen.“
Dafür wird auch der erfahrene Patrick Gühring sorgen, der nach längerer Verletzungspause wieder ins Tor zurückkehrt. Dagegen wird der gesperrte Mario Grimm der Abwehr nach seinem Kopfstoß à la Zidane mindestens vier, wenn nicht sogar acht Wochen fehlen. Das Urteil des Sportgerichts für seine Tätlichkeit liegt noch nicht vor. Philipp Schraivogel und Hans-Alex Thies dagegen fehlen weiter verletzungsbedingt.
Für Trainer Dietmar Sehrig könnte die Partie auf der Bezirkssportanlage Waldau eine Art Schicksalsspiel werden. Nach dem Fehlstart des VfL ist die Trainerdiskussion unweigerlich im Gange. Sie würde sich bei einem weiteren Misserfolg wohl noch verschärfen. Ob ein solcher bereits richtungsweisenden Charakter hätte, hinge sicher von der Art und Weise einer möglichen Niederlage ab. Doch solch trüben Gedanken mag man beim VfL nicht nachhängen. „Die Mannschaft steht hinter dem Trainer“, weiß Geschäftsführer Walter Rau. „Es wäre schön, wenn endlich der Knoten platzen würde.“ Die Kickers sind ebenfalls schlecht in die Saison gestartet und stehen genauso unter Druck wie Kirchheim. Mit einem Sieg würde der VfL mit vier Punkten zu den Blauen aufschließen. Beim letzten Aufeinandertreffen in Degerloch behielt Kirchheim mit 2:1 die Oberhand. Das war vor einem Vierteljahr ein wichtiger Schritt in Richtung Klassenerhalt.
Derweil ist beim VfL noch kein Nachfolger für den als sportlicher Leiter zurückgetretenen Norbert Krumm in Sicht. Seine Aufgaben wurden auf mehrere Schultern verteilt, wobei Sportkoordinator Kurt Dangel die Hauptlast zu tragen hat. Es scheint jedoch, als sei die Tür zwischen Krumm und dem VfL noch nicht ganz zugeschlagen.