Zwischen Rückendeckung und Rückenschmerzen
Der Stürmer Angelo Vaccaro sieht die Bandscheibenprobleme als Grund für sein Formtief beim Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers
STUTTGART. Angelo Vaccaro ist mit fünf Treffern der Torjäger der Stuttgarter Kickers. Derzeit ist er nicht nur gesperrt, sondern auch außer Form. Das hat Gründe, sagt der 27-Jährige: „Ich habe seit Wochen Bandscheibenprobleme und bekomme täglich Spritzen.“
Von Joachim Klumpp
Am Sonntag im Kellerduell der dritten Liga gegen Werder Bremen II ist Angelo Vaccaro nicht dabei, gesperrt. Gott sei Dank, werden manche Kickers-Fans angesichts seines Formtiefs sagen. Gut so, sagt aber auch der Stürmer selbst. Er weiß am besten, „dass ich nicht die Leistung der vergangenen Saison bringe“. Was viele nicht wissen: der 27-Jährige leidet unter Bandscheibenproblemen. „Seit acht Wochen bekomme ich täglich bis zu acht Spritzen, dazu noch Schmerztabletten“, sagt Vaccaro. Es ist nachvollziehbar, dass darunter seine sportliche Verfassung leidet. Zumal er auch nicht regelmäßig am Mannschaftstraining teilnehmen kann.
Vor dem letzten Spiel in Aalen stieg er erst donnerstags wieder ein, der Auftritt selbst endete unrühmlich mit der Gelb-Roten Karte. „Die darf der Schiedsrichter nie geben“, sagte der Trainer Edgar Schmitt. Und Vaccaro meinte: „So ein Foul wie das zweite passiert in jedem Spiel fünfzehnmal.“ Und keineswegs aus Frust. „Ich würde nie einen Gegenspieler absichtlich verletzten, ich weiß doch aus Erfahrung, wie schlimm das ist.“
Denn unabhängig von seinen aktuellen gesundheitlichen Problemen hat Vaccaro zwei Kreuzbandrisse hinter sich, die ihn zurückgeworfen und wohl eine steilere Karriere als bei Unterhaching, Augsburg oder jetzt den Kickers verhindert haben. Dabei ist der Spieler selbstkritisch genug: „Ich habe in dieser Saison nur einmal wirklich gut gespielt.“ Das war gegen Union Berlin, als Vaccaro beide Elfmeter zum 2:2 verwandelte. Fünf Treffer stehen insgesamt auf dem Konto, das reicht bei den Kickers zumindest, um die interne Torschützenliste anzuführen. „Der Rest der Runde war mittelmäßig bis schlecht“, sagt der Spieler, dem einige Anhänger bereits Lustlosigkeit vorgeworfen haben. Der Manager Joachim Cast drückt es diplomatischer aus: „Er hat noch Luft nach oben.“
In der momentanen Verfassung scheint das jedoch schwierig. Dazu müsste der Stürmer wahrscheinlich mal eine längere Zeit pausieren. „Aber natürlich will ich der Mannschaft helfen“, sagt Vaccaro. Die Einsätze sind zwar mit der medizinischen Abteilung abgestimmt, aber an die große Glocke hängen wollte das niemand, Vaccaro sagt warum: „Das wäre nur ein gefundenes Fressen für die Gegenspieler gewesen, um meine Probleme auszunützen.“ Inzwischen ist der Spieler mit seiner Schweigepflicht aber am Ende – schließlich gehe es um seinen Ruf.
Keine Frage: Angelo Vaccaro zählt bei den Kickers, auch vom Gehaltsgefüge her, zu den Topspielern, „und aufgrund dieser Rolle ist die Erwartungshaltung höher“, weiß der Trainer. Höher als bei Michael Schürg etwa, mit dem er in Aalen das Angriffsduo gebildet hat. Doch wenn man sich die Laufwege der beiden betrachtet, harmoniert das noch nicht wie gewünscht. „Ich bekomme nicht viele Chancen“, sagt Vaccaro nur; im Gegenteil, er bereitet sie sogar eher vor. Schürg und auch Orlando Smeekes auf der linken Seite sind zu oft mit sich selbst beschäftigt, da fehlt gelegentlich der Blick für den Nebenmann. Obwohl er sich in beiden Systemen zu Hause fühlt, plädiert Vaccaro in der jetzigen Situation für ein 4-4-2. „Da stehen wir enger und haben mehr Absicherung nach hinten.“
So sieht es inzwischen auch der Trainer. Am Sonntag gegen Werder II muss Schmitt zwangsläufig umstellen, Smeekes wird eine von zwei Spitzen bilden und Vaccaro die Zwangspause nutzen, um etwas kürzerzutreten und seine Rückenprobleme – genau wie der ebenfalls gesperrte Bashiru Gambo – zu kurieren. Wenn er eine Woche später in Paderborn wieder spielberechtigt ist, droht aber das nächste Unheil, weil er aktuell vier Gelbe Karten auf dem Konto hat.
„Er macht eine schwierige Situation durch“, sagt sein Berater Jürgen Schwab, der den ehemaligen Sturmpartner von Kevin Kuranyi bei den VfB-Amateuren vor zwei Jahren in der Winterpause vom FC Augsburg zu den Kickers vermittelte. Ursprünglich nur als Durchgangsstation für die zweite Liga, doch davon sind Verein und Vaccaro so weit entfernt wie Adrian Sutil und der Formel-1-Rennstall Force India vom WM-Titel. „Manchmal will man einfach zu viel“, sagt Schwab, der um die speziellen Befindlichkeiten der Stürmer weiß; da ist immer ein Schuss Sensibilität mit im Spiel. Dennoch steht er zu seinem Schützling: „Wenn beim VfB ein Mario Gomez nicht trifft, werden trotzdem die Mitspieler ausgewechselt.“
Allerdings kann sich auch Vaccaro bis jetzt über mangelndes Vertrauen nicht beklagen. Cast sagt: „Er hat die Rückendeckung.“ Aber eben auch Rückenschmerzen. Auf Dauer lässt sich beides nur schwer vereinbaren, selbst wenn Angelo Vaccaro betont: „Ich ziehe das durch, so lange wie ich es aushalte.“
Stuttgarter Zeitung
Kickers: Wirbel um Vaccaro
Stürmer wehrt sich: Bin nicht fit
Stuttgart – Er wirkt bisweilen lustlos. Seine Leistungen sind schlecht, ab und zu fehlt auch die Disziplin auf dem Platz – für die Fans der Blauen ist Angelo Vaccaro derzeit ein rotes Tuch. Doch der Stürmer des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers fühlt sich ungerecht behandelt: „Ich bin nicht fit, und spiele seit zwei Monaten mit Spritzen.“
VON JÜRGEN FREY
Der Wirbel um Vaccaro ist groß. Im Umfeld des Clubs und in der Mannschaft wird heftig über den 27-Jährigen diskutiert. Hat er überhaupt noch eine Zukunft bei den Kickers? Für Vaccaro jedenfalls ist die Schmerzgrenze erreicht. „Natürlich spiele ich nicht gut“, sagt er selbstkritisch, doch gleichzeitig wehrt er sich: „Ich quäle mich seit Wochen und stelle mich in den Dienst der Mannschaft.“ Der beste Torschütze der Blauen (fünf Treffer) spricht sogar davon, dass ihn ein Bandscheibenvorfall plage. Was sich Edgar Schmitt wiederum nicht vorstellen kann: „Mit einem Bandscheibenvorfall kann man nicht Fußball spielen, ich weiß auch nichts von Spritzen. Wenn er wochenlang nicht trainieren würde, würde ich ihn auch nicht aufstellen“, sagt der Kickers-Coach. Ohnehin wolle er die Diskussion nicht zu hoch hängen. Fakt ist: Am kommenden Sonntag (14 Uhr/Gazistadion) gegen Werder Bremen II ist Vaccaro gesperrt. Ob er überhaupt noch einmal vor der Winterpause zum Einsatz kommt, ist fraglich. Selbst Vaccaro räumt ein: „Vielleicht würde es mehr Sinn machen, mich bis zur Vorbereitung im Januar nur um meine Fitness zu kümmern. Sonst mache ich hier meinen Namen kaputt.“
Edgar Schmitt hat sich mit einer Alternative im Angriff schon besprochen. Er hat Neuzugang Orlando Smeekes signalisiert, in den drei Spielen bis Weihnachten von Beginn an zum Einsatz zu kommen. Für Vaccaro klingt das alles gar nicht gut.
Stuttgarter Nachrichten