Geht der Wahnsinn weiter?
VfL will Höhenflug in der Oberliga bei den Stuttgarter Kickers II fortsetzen
Zweiter gegen Vierter – so würde das morgige Oberligaduell zwischen dem VfL und den Kickers lauten, zöge man nur die Rückrundentabelle zurate. So aber ist es für Kirchheims Oberliga-Fußballer „nur“ ein weiteres wichtiges Spiel auf dem Weg Richtung Klassenerhalt. Dieser hat durch den 2:1-Coup über Hoffenheim am Mittwoch konkretere Formen angenommen.
Peter Eidemüller
Kirchheim. Wenn morgen um 14 Uhr unter dem Stuttgarter Fernsehturm der Anpfiff zum Oberligaderby zwischen der Kickers-Reserve und dem VfL fällt, treffen zwei der besten Rückrundenteams aufeinander. Während die Degerlocher mit 17 Punkten aus neun Spielen seit der Winterpause Vierter sind, belegt der VfL in dieser inoffiziellen Wertung gar den zweiten Platz: 18 Zähler ergatterte die Baumann-Elf in ebenfalls neun Spielen – der VfL 2009: Wahnsinn im positiven Sinne. Nur der designierte Meister aus Großaspach, der nach dem Kirchheimer 2:1-Coup über Verfolger Hoffenheim sieben Punkte Vorsprung auf die Badener hat, war mit 23 Zählern besser seit der Winterpause.
Die VfL-Saison scheint nach total verkorkstem Start (nur ein Punkt aus den ersten neun Partien) also doch noch auf ein Happy End zuzusteuern. „Jeder arbeitet für den anderen, wir sind ein richtiges Team geworden“, versucht Kapitän Christopher Eisenhardt die Kirchheimer Metamorphose vom Kellerkind zum Mittelfeldanwärter zu erklären. Sein Coach leistet Schützenhilfe: „Unsere Stärke ist, dass sich die Mannschaft immer weiter entwickelt. Dazu kommen noch Glück und Cleverness“, so Rolf Baumann, der trotz der jüngsten Erfolgsserie von sechs Heimspielsiegen in sieben Spielen auf dem Teppich bleibt. „Wir wissen, wo wir herkommen: von ganz unten.“
Um dort nicht mehr zu landen, müssen aus den verbleibenden acht Saisonspielen noch möglichst viele Punkte her – am besten schon morgen bei den Kickers. Diese haben sich beim 0:0 am vergangenen Mittwoch beim Tabellenletzten Offenburg zwar nicht gerade mit Ruhm bekleckert, dürften mit ihren 39 Punkten auf Rang neun liegend jedoch kaum noch in den Abstiegsstrudel geraten. Sorgen bereitet den Verantwortlichen auf der Waldau momentan viel mehr die sportliche und finanzielle Entwicklung des eigenen Drittligateams, das bereits mit dem bösen Wort „Insolvenz“ in Verbindung gebracht wird. Ein monetärer K.o. hätte natürlich auch Auswirkungen auf die zweite Mannschaft.
Ob sich der VfL die Verunsicherung der Degerlocher zunutze machen kann, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass die Kirchheimer noch zwei offene Rechnungen mit dem Nachbarn haben: In Liga und Pokal watschten die Kickers den VfL jeweils mit 4:0 ab – das schmerzt noch immer, wie auch der Kapitän zugibt. „Ein drittes Mal schlagen die uns diese Saison nicht“, glaubt Christopher Eisenhardt, der morgen aller Voraussicht nach die gewohnten Kollegen in der Vierer-Abwehrkette neben sich begrüßen kann. Ferdi Er dürfte nach seinem Ausflug ins defensive Mittelfeld gegen Hoffenheim wieder in die Innenverteidigung zurückkehren.
Dafür erhält Antonio Tunjic im Angriff wieder einen Partner – anders sind die Worte von Rolf Baumann nach dem Hoffenheim-Spiel nicht zu interpretieren. „Gegen die Kickers werden wir sicher anders beginnen“, antwortete er auf die obligatorische Taktikfrage für den Degerloch-Trip, der für zahlreiche VfL-Cracks die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte bedeutet. Michael Stowers, Christopher Eisenhardt, Ferdi Er, Emrah Polat, Hans-Alex Thies, Sabri Gürol, Selim Altinsoy – alle haben entweder in der Jugend oder bei den Aktiven schon das Trikot mit dem blauen „K“ auf der Brust getragen. Ebenso Kagan Söylemezgiller, dessen Blick offenbar schon über den Kirchheimer Tellerrand hinausgeht: Nach Ostern hat der 21-Jährige ein Probetraining bei den Amateuren von Bayer Leverkusen, die von Ex-Nationalstürmer Ulf Kirsten betreut werden, absolviert. Söylemezgillers Vertrag in Kirchheim läuft noch bis Saisonende, ein Wechsel zum nordrhein-westfälischen Regionalligisten wäre also möglich.
Der Randgeschichten nicht genug: Im Schatten des Fernsehturms kommt es morgen zu einem weiteren Duell der Tunjic-Brüder Antonio (24) und Mijo (21). Der Jüngere liegt in der familieninternen Torjägerwertung mit zwölf Treffern klar vorne. Immerhin konnte Antonio (sechs) am Mittwoch per Doppelpack etwas aufschließen.