Schusters Vorbild sind Rehhagels Europameister
Trainingsstart bei den Stuttgarter Kickers: Der neue Coach setzt mit einem willensstarken Team auf den Überraschungseffekt
Von Jürgen Frey
STUTTGART. Moritz Steinle ging mit breiter Brust voran. Das Urgestein, seit der F-Jugend bei den Stuttgarter Kickers am Ball, betrat beim Trainingsauftakt als Erster das Spielfeld. Kurz danach kam der neue Trainer: Dirk Schuster winkte freundlich den rund 40 Kiebitzen zu, dann rief er ihnen lächelnd zu: „Hoffen wir auf eine gute Saison.“
Die ist bisher allerdings nicht abzusehen. 15 Mann waren beim Start gestern im ADM-Sportpark dabei. Sicher hinzu kommt Marcel Charrier (FC Nöttingen), der noch zwei Tage Sonderurlaub hat. Und der Trainer hat in seinen Planungen auch Bashiru Gambo auf seiner Rechnung. Am Freitag kehrt er aus Ghana zurück. Doch sein Anwalt Michael Hofstetter hat wiederholt erklärt, dass der Mittelfeldspieler die Blauen verlassen wird – trotz bestehenden Vertrags. Diese Personalie ist nicht das einzige Fragezeichen im Hinblick auf die neue Saison in der Fußball-Regionalliga (Beginn: 7./8./9. August). Doch Schuster behält zumindest nach außen die Ruhe: „Wir werden eine hungrige Truppe haben, die Vollgas gibt und sich zerreißen wird.“ Als Vorbild nennt er Griechenland, den Überraschungs-Europameister von 2004. „Auch in dieser Mannschaft hat jeder das gespielt, was er konnte.“ Was Schuster allerdings im Gegensatz zur Truppe von Otto Rehhagel fehlt, sind erfahrene Führungsspieler. Bis auf die Defensivstrategen Steinle und Marcel Rapp herrscht diesbezüglich Fehlanzeige. Dass sich die Konturen einer Stammelf deshalb noch nicht abzeichnen, macht dem Coach keine Sorgen: „Wir haben unheimlich viele Spieler, die flexibel einsetzbar sind. Alles Weitere wird sich in der Vorbereitung zeigen.“ Außerdem wird es bei den vier externen Neuzugängen nicht bleiben. Der Kader soll am Ende 18 bis 20 Mann umfassen.
Es gibt noch viel Arbeit – auch hinter den Kulissen. Gestern Abend tagten Präsidium und Aufsichtsrat getrennt voneinander (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet). Die Anzeichen verdichten sich immer mehr, dass der amtsmüde Präsident Dirk Eichelbaum das Kontrollgremium bereits gebeten hat, zu handeln und nach einem Nachfolger zu fahnden. Der neue Geschäftsführer Jens Zimmermann hält sich aus diesen heiklen Themen verständlicherweise raus. Er geht den Neuanfang positiv an. „Dass so viele Zuschauer da waren, zeigt doch, dass die Kickers zumindest eine kleine Bedeutung haben.“ In den nächsten Monaten geht es darum, nicht auch die noch zu verspielen.
Stuttgarter Nachrichten
Die Kickers haben noch Kredit
Trainingsauftakt Der künftige Fußball-Regionalligist startet mitvorläufig nur 15 Spielern in die Saison. Von Joachim Klumpp
Kredit haben die Kickers nicht viel eingebüßt, zumindest nicht bei ihren Fans – wenn man den Trainingsauftakt als Maßstab nimmt. Denn bei diesem tummelten sich gestern (auch noch im strömenden Regen) gut 40 Kiebitze im ADM-Sportpark und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahr eine Klasse höher. Für den neuen Geschäftsführer Jens Zimmermann ist dies ein gutes Zeichen: „Wenn ich sehe, dass beim Bundesligaaufsteiger Freiburg nur rund hundert Besucher waren, dann zeigt das doch etwas die Bedeutung, die die Kickers immer noch haben.“
Die Fans hatten somit auch ein klares Übergewicht gegenüber den Spielern, deren Kader sich recht überschaubar gestaltete. 15 Mann versammelten sich zum Auftakt unter dem Cheftrainer Dirk Schuster und den Assistenten Alexander Malchow und Dennis Rudel (Torhüter), darunter die externen Neuzugänge Wagner (Aalen), Grujicic (Unterhaching) und Jokic (KSC II). Natürlich sollen bis zum Saisonauftakt noch einige dazukommen. „Wir planen schon mit 18 bis 20 Mann“, sagt der neue Cheftrainer, der aber zugibt, „dass der Etat ziemlich eingeschränkt ist“. Soll heißen: allzu große Namen darf man nicht mehr erwarten, auch wenn Zimmermann sagt: „Die Preise regulieren sich, je näher der Saisonbeginn rückt.“
Zunächst einmal fahren die Kickers in ein Kurztrainingslager (6. bis 9. Juli) auf den Schliffkopf. „Wir haben extra eine Woche früher angefangen, damit bei der neu zusammengestellten Mannschaft das Spielverständnis wächst“, sagt Schuster, der in den nächsten Tagen noch den einen oder anderen Gast im Probetraining erwartet.
Morgen soll auch der Neuzugang Marcel Charrier (Nöttingen) mit an Bord sein – und Bashiru Gambo aus dem Urlaub zurückkommen, der jedoch gerne wechseln würde. Doch Schuster sagt: „Er hat einen Vertrag – und bleibt.“ Mal abwarten, schließlich braucht der Verein noch Geld für die nächste Saison. Denn mit Kredit bei den Banken tun sich die Kickers derzeit schwerer als bei den Fans.
Stuttgarter Zeitung
Alles neu in Degerloch
Die Stuttgarter Kickers starten nach ihrem radikalen Umbruch in die Vorbereitung auf die Regionalliga-Saison
Stuttgart – Ein Dutzend neue Spieler, ein neuer Trainer und ein neuer Geschäftsführer: Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers ist gestern nach seinem personellen Umbruch in die Saison-Vorbereitung gestartet. Trotz Dauerregens bei 12 Grad wollten sich rund 40 Fans den Trainingsauftakt im ADM-Sportpark nicht entgehen lassen.
Von Beate Wockenfuß
„Hoffen wir auf eine gute Saison“, sagte Coach Dirk Schuster mit einem zuversichtlichen Lächeln, als er hinter seinem Team auf den Rasen marschierte. Als Erster war Kickers-Urgestein Moritz Steinle entschlossenen Schrittes aus der Kabine gekommen und wurde auf dem Weg durch die Fans ebenso wie Innenverteidiger Marcel Rapp freudig per Handschlag begrüßt. Die beiden Spieler sind die einzigen, die von der Mannschaft übrig geblieben sind, die im Mai aus der dritten Liga abgeschlagen abgestiegen war. Der Dritte im Bunde der alten Garde ist Bashiru Gambo, der allerdings erst am Freitag aus seinem Heimaturlaub in Ghana zurückkehrt und am Samstag zur Mannschaft stoßen soll. „Ich plane mit ihm. Er hat einen Vertrag“, entgegnet Schuster dem Gerücht über den Weggang des Mittelfeldspielers. Schließlich soll das erfahrene Trio Rapp/Steinle/Gambo die jungen Teamkollegen durch die Saison führen, die am zweiten August-Wochenende beginnt. Bei den 13 anderen Männern in den blauen Trainingsklamotten waren kaum bekannte Gesichter dabei. Marcel Ivanusa, Franco Petruso, Mijo Tunjic und Dirk Prediger kamen in der abgelaufenen Spielzeit hin und wieder zum Einsatz. Michele Rizzi, Demis Jung, Andre Olveira, Luis Rodriguez, Alessandro Abruscia und Gökhan Gümüssu wurden aus dem Oberliga-Team befördert. In Slaven Jokic (Karlsruher SC II), Christian Grujicic (SpVgg Unterhaching II), Daniel Wagner (VfR Aalen II) und Marcel Charrier (FC Nöttingen), der erst ab Freitag mittrainieren wird, stehen vier externe Zugänge im überschaubaren Kader, der sich auf 18 bis 20 Mann vergrößern soll. „Angesichts der finanziellen Situation ist es der beste Weg, auf den eigenen Nachwuchs und junge Spieler aus der Region zu setzen. Sie haben die Chance, von unten heraus etwas zu bewegen“, sagt Schuster, der bei der 90-minütigen Einheit „viel Feuer“ ausgemacht hat. In den nächsten Wochen steht zum Zusammenwachsen noch ein Trainingslager im Hotel Schliffkopf an sowie eine Reihe von Testspielen – unter anderem am 12. Juli (16 Uhr) in Esslingen gegen den SSV Reutlingen und am 21. Juli (18 Uhr) gegen den FC Bayern München.Das angestrebte Gerüst mit fünf erfahrenen Spielern hatte sich schnell zerschlagen. Am meisten schmerzt Schuster der Weggang von Marcus Mann. Der Innenverteidiger, dem eine Führungsrolle zugedacht war, wechselte zum West-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken. Auch Alexander Rosen steht nicht mehr zur Verfügung. Der Ex-Kapitän hat ein Vertragsangebot der Kickers enttäuscht abgelehnt. Die Liste der Abgänge komplettieren Manuel Salz (SC Freiburg), Jens Härter (SSV Reutlingen), Ralf Kettemann (VfR Aalen), Josip Landeka (SV Wehen Wiesbaden), Thorsten Reiß (SV Elversberg), Torsten Traub, Benedikt Deigendesch, Mustafa Parmak, Sascha Traut, Marco Tucci und Orlando Smeekes (Ziele unbekannt).Zaungast beim Trainingsauftakt war auch der neue Geschäftsführer Jens Zimmermann. „Dass so viele Zuschauer da sind, spricht für die Beliebtheit der Kickers“, freute sich der 36-Jährige, der am 1. Juli offiziell die Nachfolge von Joachim Cast antritt. Der Noch-Manager wird sich mit dem Verein wohl auf einen Auflösungsvertrag einigen. „Ich will, was mir zusteht. Nicht mehr und nicht weniger“, erklärte Cast.
Eßlinger Zeitung