Der Esslinger Mijo Tunjic will sich heute als Torschützenkönig von den Stuttgarter Kickers verabschieden
Von Beate Wockenfuß
Esslingen – Für Mijo Tunjic ist das letzte Saisonspiel des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers heute (14 Uhr) zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg II gleichzeitig auch der letzte Einsatz im Trikot der „Blauen“. Der Stürmer gibt nach vier Jahren in Degerloch seine Abschiedsvorstellung und will vor seinem Wechsel zum Drittligisten SpVgg Unterhaching noch mal Tore sprechen lassen. Zum einen, um die Kickers damit einmal mehr in die Erfolgsspur zu bringen. Schließlich traf der 22-Jährige bisher 19 Mal und erzielte damit fast die Hälfte der 43 Tore. Zum anderen, um seine starke Spielzeit mit der Torjägerkrone abzurunden. Obwohl er in den beiden vergangenen Partien wegen einer Rot-Sperre nichts für sein Torekonto tun konnte, blieb er mit einem Treffer Vorsprung Liga-Primus. „Die 20er-Marke will ich noch schaffen“, kündigt Tunjic an.
Dann schließt sich das Kapitel Kickers für den Esslinger, der auch schon beim TSVW spielte und seit der A-Jugend auf der Waldau kickt. Hinter ihm liegt eine Saison, in der er eine rasante Entwicklung genommen hat. „Dass es so gut für mich läuft, war nicht zu erwarten“, zeigt sich Tunjic selbst etwas überrascht. Erst vor gut einem Jahr – im Endspurt der Drittliga-Spielzeit 2008/2009 – rückte der 1,86-Meter-Mann aus dem Oberliga-Team in die erste Mannschaft auf. Sechs Mal stand er damals auf dem Platz und erzielte gleich zwei Treffer. In der Vorbereitung auf die Regionalliga-Saison bremste ihn eine langwierige Knieverletzung aus. Doch als er wieder fit war, zeigte die Formkurve immer steiler nach oben. Kaltschnäuzigkeit und hohe Effektivität wurden zu den Markenzeichen des jungen Mannes mit der Trikotnummer 11. „Mijo hat einen ausgeprägten Torriecher. Er weiß, wo die Kiste steht“, sagt Trainer Dirk Schuster und bezeichnet seinen Torjäger sogar als „unsere Lebensversicherung“. Umso erleichterter waren die Verantwortlichen, als sie Anfang Februar verkünden konnten, dass Tunjic seinen Vertrag vorzeitig bis 2011 verlängert hat. Und umso überraschender kam vor zwei Wochen die Nachricht, dass der Stürmer die Kickers doch verlässt. Die Ausstiegsklausel macht es möglich.
Denn die 19 Treffer – darunter fünf Doppelpacks – hatten auch bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten geweckt. Und als Unterhaching dem Stürmer im Frühjahr ein konkretes Angebot unterbreitete, tagte der Familienrat zu Hause in Oberesslingen. Gemeinsam mit den Eltern, dem älteren Bruder Antonio, der für den VfL Kirchheim auf Torejagd geht, und dem Berater wurde intensiv über das Für und Wider eines Wechsels diskutiert.
„Keine leichte Entscheidung“
„Das war keine leichte Entscheidung. Wir haben sehr lange überlegt. Aber letztlich ist es für meine sportliche Entwicklung der richtige Schritt“, sagt Tunjic. In Unterhaching will er dazu beitragen, dass der Club in die 2. Bundesliga aufsteigt – und er will sich selbst weiter verbessern. „Körperlich muss ich auf alle Fälle zulegen, und das Kopfballspiel ist auch noch ausbaufähig“, meint er. Um die volle Konzentration dem Endspurt mit den „Blauen“ zu widmen, wurde die Unterschrift unter den Zweijahresvertrag verschoben. Morgen düst der 22-Jährige zunächst mit seinen Kickers-Teamkollegen für drei Tage nach Mallorca, anschließend soll mit dem Münchner Vorstadtclub alles fix gemacht werden.
Dann beginnt nicht nur für den Fußballer Tunjic ein neuer Lebensabschnitt. Auch privat muss sich der Sohn kroatischer Eltern, der in Bosnien geboren ist und mit dreieinhalb Jahren nach Esslingen kam, umstellen. Mit dem Fachabitur in der Tasche verlässt er zum ersten Mal das elterliche Nest, seine Familie und Freunde. „Für meine Mutter ist das schon schwer“, berichtet er. Aber damit ihr Jüngster seinen Haushalt 250 Kilometer weit weg von der Heimat alleine schmeißen kann, bekommt er bereits intensive Trainingseinheiten in Sachen Kochen und Wäschewaschen. Doch nicht nur die Mutter wird ihn vermissen. „Er hat für die Mannschaft sehr viel geleistet und wird uns fehlen“, sagt Trainer Schuster, der jetzt im Angriff eine große Lücke füllen muss.
Eßlinger Zeitung