Stuttgarter Kickers
Von Jürgen Frey, aktualisiert am 23.11.2010 um 18:33
Stuttgart – Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers verändert seine Strukturen: Der Sportkoordinator wird künftig hierarchisch über dem Trainer stehen. „Wir müssen zielorientiert zusammenarbeiten“, sagt Präsident Edgar Kurz.
Herr Kurz, wovor haben Sie mehr Bammel: vor dem Heimspiel am Sonntag gegen den SC Pfullendorf oder der Mitgliederversammlung einen Tag später?
Ach, Angst habe ich überhaupt keine. Jeder gibt sein Bestes. Die Mannschaft hat zwar schon vier Heimniederlagen kassiert, aber wenn sie bringt, was sie bringen kann, ist mir vor Pfullendorf nicht bange.
Und bei der Mitgliederversammlung…
… werden wir turnusmäßig Rechenschaft ablegen, das eine oder andere wird möglicherweise nicht so guten Anklang finden.
Die Blauen präsentieren rote Zahlen?
Die Zahlen waren noch nie schwarz, seit ich bei den Kickers bin. Doch wir haben die Dinge sauber geordnet und geregelt. Was allerdings nichts daran ändert, dass das Dasein in der Regionalliga immer ein Tanz auf der Rasierklinge bleiben wird, ein ständiger Kampf ums Überleben.
Die 14 Punkte Rückstand auf die Spitze machen die Sache nicht einfacher.
Wir sind nicht auf Schlagdistanz nach ganz oben. Deshalb werden unsere Heimspiele keine Völkerwanderungen auslösen. Wir hatten uns mehr erhofft und müssen unser Saisonziel korrigieren.
Aus Platz eins bis sechs wird …
… zwei bis sechs, und gleichzeitig müssen wir die Weichen für die neue Saison stellen.
Es ist kein sportliches Weiterkommen gegenüber der vergangenen Saison festzustellen. Woran liegt das?
Die Entwicklung ist enttäuschend, keine Frage. Nach den Hallo-wach-Ergebnissen gegen die Frankfurter Clubs Eintracht (4:0) und FSV (7:2) kam noch mal Hoffnung auf. Doch dann waren wir in Worms dem bisherigen Schlusslicht in allen Belangen unterlegen. Eine Erklärung habe ich dafür nicht.
Sie sagten, der Trainer stehe unter Beobachtung.
Natürlich, und er weiß auch, dass ein Trainer immer am Erfolg gemessen wird. Doch Durststrecken gab es auch unter einem Trainer Robin Dutt bei den Kickers, und man hat an ihm festgehalten. Ich bin sicher: Dirk Schuster ist der Richtige. Und glauben Sie mir: Wenn er der Ansicht wäre, nichts mehr bewegen zu können, würde er gehen. Er ist kein Typ, der klammert. Dafür ist er viel zu stolz.
Manche sagen auch undiplomatisch und stur, wenn es um die Zusammenarbeit mit Sportkoordinator Michael Zeyer geht.
Damit hat er bei mir keine Pluspunkte gesammelt, aber wir sind dabei, eine Lösung zu finden.
Da Sie an Schuster festhalten, kann das nur bedeuten, dass Zeyer abgelöst wird.
Das haben Sie gesagt.
Stimmt es denn, dass die Rolle des Sportkoordinators grundsätzlich aufgewertet wird?
Ja, der Sportkoordinator wird aufgewertet.
Heißt das, der Sportkoordinator steht in der Hierarchie künftig über dem Trainer, ist ihm gegenüber weisungsbefugt, und Dirk Schuster gibt Verantwortung ab?
Im weitesten Sinne, ja. Dirk Schuster gibt Verantwortung ab und wird darin durchaus auch etwas Positives sehen. Entscheidend ist doch: Wir müssen endlich zielorientiert, im Sinne der Kickers, zusammenarbeiten.
Es zählt zu Ihren Stärken, viele Dinge diplomatisch, gelassen und unaufgeregt anzugehen. Manche Kritiker legen Ihnen dies als Führungsschwäche aus.
Wir sind ein freies Land, jeder darf seine Meinung äußern. Ich habe damit kein Problem.
Auch nicht damit, dass Ihnen vorgeworfen wird, die letzten Kickers-Heimspiele nicht gesehen zu haben, dafür aber Ihrem Sohn in Kaiserslautern die Daumen gedrückt haben?
Ich denke, das ist nicht fair. Man muss schon die Spielregeln einhalten, und die Bedingungen sehen, unter denen ich bereit war, bei den Kickers anzutreten. Es war mit den Gremien klar abgesprochen, dass ich gewisse Freiräume brauche, wichtigen geschäftlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Rechnen Sie mit einer turbulenten Mitgliederversammlung, auch wenn keine Neuwahlen anstehen?
Neuwahlen wären mir lieber.
Sind Sie amtsmüde?
Nein, aber die Kritiker sollten nicht leichtfertig urteilen. Ich investiere weit mehr Zeit, als ursprünglich vorgesehen war. Im Übrigen freuen wir uns über jeden Zugang, der bei den Kickers mitarbeiten will.
Stuttgarter Nachrichten