Verteidiger Moritz Steinle ist den Stuttgarter Kickers seit 19 Jahren treu und soll mit seiner Erfahrung im Abstiegskampf helfen
Von Beate Wockenfuß
Stuttgart – Er ist der Dauerbrenner bei den „Blauen“: Als siebenjähriger Steppke kam Moritz Steinle einst zu den Stuttgarter Kickers und blieb ihnen von der F-Jugend über die Amateure bis zur ersten Mannschaft treu. Noch niemals in den vergangenen 19 Jahren hat der Außenverteidiger, der nächste Woche seinen 26. Geburtstag feiert, das Trikot eines anderen Vereins getragen. Umso härter traf es ihn, als er in der vergangenen Saison plötzlich kaum noch zum Einsatz kam. Und umso erfreuter war Steinle, als er Anfang Dezember plötzlich in die Stammformation zurückgeholt wurde – und dem Schlusslicht nun dabei helfen soll, die Kurve zu kriegen.
„Ich habe immer gesagt, dass ich zur Verfügung stehe, wenn Not am Mann ist“, erklärt der Stuttgarter, der sich nach der bitteren Zeit auf der Ersatzbank eigentlich von der Profi-Karriere verabschiedet hatte. Seit Sommer konzentriert er sich auf seine berufliche Laufbahn. „Dass ich studieren wollte, war von Anfang an klar. Schließlich muss man auch noch etwas Gescheites machen“, meint Steinle mit einem Schmunzeln. Seine sportliche Situation hatte ihm die Entscheidung erleichtert, sofort mit dem Studium der Verpackungstechnik an der Fachhochschule in Stuttgart-Vaihingen loszulegen. Dem Oberliga-Team blieb das Urgestein erhalten. Dass er bei seiner überraschenden Reaktivierung auch ein Stück weit Genugtuung empfand, leugnet der 25-Jährige nicht: „Natürlich, es ist immer ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden.“
Doch eins ist für ihn klar: „Das Studium geht vor.“ Das weiß auch der Verein und akzeptiert diese Einstellung. „Wir sind froh, dass wir so einen Mann noch in der Hinterhand haben“, sagt Manager Joachim Cast. So wird der Trainingsplan des Erstsemestlers dem Stundenplan angepasst und nicht anders herum. Muss er bei den Einheiten der ersten Mannschaft im Hörsaal sein, trainiert er abends mit dem Oberliga-Team. Jetzt stehen allerdings drei harte Wochen für den Fußball spielenden Studenten an. Am Montag hat die Prüfungszeit begonnen, in der insgesamt sieben Klausuren zu absolvieren sind. Beim Auftaktspiel heute (19 Uhr) bei Fortuna Düsseldorf kann der 25-Jährige aber trotzdem dabei sein. Der Termin liegt genau zwischen zwei Tests gestern und morgen – und Steinle fiebert ihm trotz Lernstress schon lange entgegen. „Das will ich mir nicht entgehen lassen“, sagt er zu dem Duell der Traditionsvereine in der größten Arena der dritten Liga. Gelernt wird halt auf der Busfahrt.
Solide und zuverlässig
Bei seinem Comeback am 7. Dezember agierte der Abwehrspieler gewohnt solide und zuverlässig und spielte sich so in die Stammformation von Trainer Edgar Schmitt, in der er für die Dauer der Rückrunde gesetzt sein dürfte. „Ich war total nervös“, erinnert sich Steinle an seine erste Drittliga-Partie gegen den SV Werder Bremen II. Doch das merkte man ihm nicht an. Im Gegenteil: Der Routinier strahlte Ruhe und Sicherheit aus. „Ich stand nicht so unter Druck, war unbelasteter, da ich die schlechten Erfahrungen in dieser Saison nicht mitgemacht hatte“, erklärt er seine Lockerheit. Für ihn ging es quasi bei Null los. Der Rechtsfuß hofft, nun dazu beitragen zu können, dass die Mannschaft ihren häufigen Einbruch in der Schlussphase abstellt. „Viel reden und im Zweikampf Zeichen setzen“, lautet sein Rezept, um die Konzentration bis zum Abpfiff hoch zu halten.
Apropos Zweikampf: Eigentlich ist Steinle keiner, der beinhart zur Sache geht. Das beweist ein Blick in seine Regionalliga-Bilanz: In 117 Spielen kassierte er nur zwölf Gelbe Karten – ungewöhnlich für einen Verteidiger. „Ich versuche eben immer früher am Ball zu sein und die Situation so elegant wie möglich zu lösen“, erklärt Steinle, weist allerdings pflichtbewusst auf seine bisher einzige Rote Karte im DFB-Pokal hin. „Aber das war eine Fehlentscheidung“, betont er lächelnd.
Nicht nur in Sachen Kickers zeichnet ihn eine bemerkenswerte Treue aus. Dass der 25-Jährige generell ein beständiger Typ ist, zeigt sich auch in seiner Beziehung zu Freundin Rebecca, mit der er bereits seit acht Jahren zusammen ist. Sie war eine wichtige Stütze für ihn, als es sportlich nicht so gut lief und ist jetzt natürlich froh und stolz, wenn sie mit Hund Max ihren Moritz in der dritten Liga kicken sieht.
Eßlinger Zeitung