„330 potenzielle Nationalspieler“

Fußball Der neue Kickers-Jugendkoordinator Andreas Schanz im Interview. Von Rüdiger Ott

Der Auftrag ist klar: den fußballerischen Nachwuchs des Vereins fit für höhere Aufgaben zu machen. Der 36-Jährige spricht über seine neue Aufgaben, die Perspektiven des Vereins und die Schuhgröße von Lothar Matthäus.

Herr Schanz, kennen Sie die Schuhgröße von Zoltan Sebescen? Immerhin sind Sie jetzt in seine Fußstapfen getreten.

Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Schuhgröße Zoltan Sebescen hat. Aber wenn man sieht, dass Lothar Matthäus Schuhgröße 39 hat und seinerzeit der weltbeste Fußballer war, dann kann man wohl auch mit kleinen Füßen schnell rennen.

Seit 1. Mai sind Sie neuer Jugendkoordinator der Stuttgarter Kickers. Die Stelle war vakant, seitdem der Ex-Bundesligaprofi und Nationalspieler im Sommer 2009 auf der Waldau das Handtuch geworfen hatte . . .

Zoltan Sebescen war natürlich eine gewisse Größe. In der Zwischenzeit hat sich aber einiges getan. Der Jugendleiter Klaus Gickeleiter hat in den vergangenen Monaten schon sehr viel bewegt, und es wird sich noch viel bewegen.

In einem Interview mit dem BLICK VOM FERNSEHTURM sagte Sebescen damals, die Kickers hätten den Trend verschlafen, auf die eigene Jugend zu setzen. Können Sie mehr in die Waagschale werfen als er?

Ich weiß nicht, was Zoltan in die Waagschale geworfen hat. Ich weiß aber, was unser Team in der Jugendarbeit und auch ich in die Waagschale werfen können. Der Trend bei den Kickers geht inzwischen dahin, dass konsequent auf die eigene Jugend gesetzt wird.

Was konkret sind Ihre Aufgaben?

Ich verstehe mich als Bindeglied zwischen den einzelnen Jugendmannschaften, der U 23- und der Regionalligamannschaft. Meine Aufgabe sehe ich auch darin, unser Trainerteam durch interne Weiterbildungen zu verbessern. Wir werden unsere Spieler durch zusätzliche Trainingseinheiten so gut wie möglich ausbilden. Sie sollen alle gängigen Systeme und Tempofußball spielen können. Und das, was im Argen liegt, muss optimiert werden.

Was liegt denn im Argen?

Ein Problem ist auf jeden Fall, dass unsere B-Junioren in der Oberliga um den Klassenverbleib kämpfen. Die Jungs spielen eine gute Rückrunde, und Uli Thon ist der richtige Mann für diese Situation. Ich bin überzeugt, dass wir die Klasse halten. Die Infrastruktur ist ebenfalls ein Problem.

Inwiefern?

Wir brauchen zusätzlich noch einen oder zwei Trainingsplätze. Es laufen derzeit Gespräche mit der Stadt, und wir könnten durch Kooperationen mit anderen Vereinen auf der Waldau deren Plätze nutzen.

Wie lauten Ihre langfristigen Ziele?

Mein Ziel ist, dass unsere heutigen Jugendspieler in einigen Jahren gestandene Spieler in unserem Oberliga- und Regionalligateam sein werden und wir mit diesen Jungs an die Tür der dritten Liga anklopfen.

Wie wichtig ist die Jugendarbeit für einen Verein wie die Stuttgarter Kickers?

Überlebenswichtig. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Wir wollen und müssen unsere eigenen Spieler top ausbilden und ihnen die Chance geben, sich im aktiven Bereich zu etablieren.

Wie kann zukünftig verhindert werden, dass große Clubs die besten Nachwuchsspieler der Kickers abwerben?

Wir haben den VfB vor der Tür, da brauchen wir nicht lange drum herum zu reden. Und wenn ein Spieler die Qualität besitzt, dort spielen zu können, werden wir ihn nur schwer halten können. Aber die Stuttgarter Kickers haben nach wie vor einen guten Ruf.

Die Blauen können als sportliche Perspektive momentan nur die vierte Liga bieten.

Aber gerade für junge Spieler ist das doch top. Das ist eine Bühne, auf der sie sich zeigen können. In unserem Oberligateam spielen zehn Jungs, die wir ausgebildet haben. In der Regionalliga sind es sogar zwölf Spieler, die den Sprung geschafft haben.

Noch eine weitere Frage: Was vereint die Herren Klinsmann, Buchwald und Bobic?

Sie kamen alle aus der Kickers-Jugend.

Wann wird es die nächsten Spieler von diesem Schlag geben, die das blaue Trikot von klein an tragen und dann Karriere machen?

Ob in einem, fünf oder in zehn Jahren, das kann ich momentan nicht sagen. Aber ich bin sicher, dass es wieder einen geben wird. Bei uns spielen derzeit 330 Kinder und Jugendliche – das sind 330 potenzielle Nationalspieler.

Stuttgarter Nachrichten

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