Platz im Präsidium
Von Gunter Barner und Jürgen Frey, aktualisiert am 25.11.2010 um 19:08
Stuttgart – Sportlich sind die Stuttgarter Kickers im Niemandsland der Fußball-Regionalliga abgetaucht, für die eine oder andere Überraschung sorgen sie noch immer. Jetzt sortiert sich die Führungscrew neu.
Für gewöhnlich sind die Stuttgarter Kickers ein recht auskunftsfreudiger Club. Schon deshalb, weil sie kaum mehr jemand was fragt. Seit einigen Tagen jedoch wirkt der Fußball-Regionalligist so fest verschlossen wie Fort Knox. Das wirklich Wichtige gibt es, wenn überhaupt, nur noch unter der Hand. Und das was am kommenden Montag bei der alljährlichen Mitgliederversammlung verkündet werden soll, ist für die Zukunft des Vereins durchaus von Bedeutung. Guido Buchwald (48) kehrt zu den Blauen zurück. Er soll künftig im sechsköpfigen Präsidium für die sportlichen Belange des Regionalligisten zuständig sein.
Zeyer wird die Kickers früher oder später verlassen
Weil die Blauen aber so arm sind wie eine Kirchenmaus, wird die Personalie mit dem Ex-Weltmeister vom heimlichen Sponsor des Clubs finanziert. Das Phantom mit dem Herz für die Kickers zahlt bisher aber schon für die Dienste des Sportkoordinators Michael Zeyer. Weshalb sich die Frage stellt, ob unterm Fernsehturm der Wohlstand ausgebrochen ist. Ist er nicht. Michael Zeyer, ein unbequemer Zeitgenosse mit eigenen Vorstellungen, wird die Kickers früher oder später wohl verlassen. Früher wäre Dirk Schuster auf alle Fälle lieber. Der Trainer, so ätzen seine Kritiker, sei nicht dabei gewesen, als die Diplomatie erfunden wurde. Beobachter des Geschehens behaupten, der Sportkoordinator sei in Schusters Büro fast so willkommen wie die Steuerfahndung. So ähnlich gilt das auch für Geschäftsführer Jens Zimmermann, der dem Vernehmen nach andere Götter äußerst ungern neben sich duldet. Das klingt nicht unbedingt nach gedeihlicher Teamarbeit zum Wohle des Vereins.
Diskutiert wird deshalb darüber, ob Guido Buchwald nicht auch den Job des Sport-Koordinators übernehmen sollte. Der Weltmeister von 1990, Ehren-Kapitän des VfB Stuttgart und Restwert aus den guten, alten Kickers-Zeiten, fordert: „Ich bin für hierarchisch klare Verhältnisse, und zwar in allen Bereichen.“ Mit Zeyer noch einige Zeit den Doppelpass zu spielen kommt für ihn allenfalls aus Gründen der Einarbeitung infrage. Danach muss klar sein, wer der Chef im Hause ist.
Kurz hält große Stücke auf Zimmermann
Präsident Edgar Kurz kehrt zwar nicht mit eisernem Besen, immerhin sorgt er nach einigem Zögern für Durchzug auf der Geschäftsstelle, die zuletzt mit dicker Luft durchdrängt war. Der Chef der Blauen geht zwar gern mal am Bodensee spazieren, während die Kickers-Elf um Punkte kämpft, im Personal-Streit ist er aber jederzeit präsent. Kurz hält große Stücke auf den Marketing-Experten Zimmermann. Der anonyme Sponsor dagegen hätte gern mehr solides Handwerk und weniger Chichi. Die Kosten für die Feierlichkeiten zum 111-Jahr-Jubiläum trieben den Sparkommissaren auf der Waldau den Angstschweiß auf die Stirn.
Unklar ist bisher noch, wer im sechsköpfigen Präsidium seinen Stuhl für den Rückkehrer räumen wird. Klar ist aber, dass die Führungscrew nicht unnötig aufgebläht werden soll. Angeblich überlegt Dieter Wahl, zuständig für die anderen Abteilungen außer Fußball, den Rückzug anzutreten.
Ganz gleich, wo genau das Personal-Karussell am Ende zum Stehen kommt, Buchwald erwartet eine Herkules-Aufgabe. Denn nach wie vor gilt, was schon den ehemaligen Präsidenten Axel Dünnwald-Metzler zur Verzweiflung trieb: „Wenn wir ausnahmsweise mal kein Problem haben, dann findet sich immer einer, der eines macht.“
Stuttgarter Nachrichten