Trainer Schmitt: „Wie eine Neurose“
Das Kickers-Trauma der späten Gegentore geht auch beim 3:3 in Wuppertal weiter
STUTTGART. Der Kickers-Trainer Edgar Schmitt ist nach dem 3:3 in der dritten Liga am Freitagabend in Wuppertal bedient gewesen. „Ich bin enttäuscht und verärgert zugleich“, sagte der Chefcoach, der in der Winterpause gerne einen Abwehrchef verpflichten möchte.
Von Joachim Klumpp
Freitag, der 13. – das konnte ja nicht gutgehen. Der 13. Spieltag der dritten Liga jedenfalls brachte den Stuttgarter Kickers kein Glück und damit auch nicht den erhofften ersten Saisonsieg. Das 3:3 war bereits das fünfte Remis in sechs Spielen unter der Ära Edgar Schmitt, und in diesem Fall eindeutig eine gefühlte Niederlage.
Der Innenverteidiger Marcus Mann war jedenfalls auch am Tag danach noch wie geschockt . „Das tut richtig weh.“ Ähnlich sah es auch sein Trainer Edgar Schmitt: „Ich bin nicht nur enttäuscht, sondern auch verärgert.“ Darüber, dass es die Mannschaft – zum wiederholten Male – nicht verstanden hat, einen scheinbar sicher geglaubten Sieg über die Runden zu bringen. 3:1 stand es nach 83 Minuten durch Gambos Treffer. „Das ist fast schon wie eine Neurose“, sagt der Trainer, nach dem Motto: wir packen es doch nicht.
„Darüber müssen wir mit den Spielern sprechen.“ Sie weiter starkreden, bis es reicht. Denn zumindest eines stimmt positiv: die Mannschaft hat gezeigt, dass sie mit allen Clubs mithalten kann. Und das könnte noch der entscheidende Vorteil zu den Abstiegskonkurrenten wie Burghausen und Regensburg werden, die gegen Spitzenteams schon deutliche Niederlagen einstecken mussten. Dennoch weiß auch der Trainer: „Wir müssen langsam einmal anfangen zu gewinnen.“ Unentschieden helfen auf Dauer nicht weiter.
Im Gegenteil. In der Art und Weise vom Freitag bauen sie das Selbstvertrauen der Mannschaft nicht gerade auf. Die spielerisch limitierten Gastgeber versuchten es immer wieder mit langen Bällen auf Dirk Heinzmann – mit Erfolg. „Wir haben kein einziges Kopfballduell gewonnen“, sagt Schmitt und nimmt deshalb verstärkt seine Abwehrspieler in die Pflicht: „Da muss ich mir als Gegenspieler auch mal etwas einfallen lassen und aggressiv zur Sache gehen, aber die gegnerischen Stürmer haben keine Angst vor uns.“ Marcus Mann weiß, dass defensiv nicht alles nach Plan läuft: „Da sind wir als Verteidiger schon gefordert.“ Aber im Moment spielt die Angst mit, speziell bei Flanken. Schmitt ist vor dem letzten Freistoß schon freiwillig in Richtung Kabine gegangen, „weil ich wusste: da passiert was“.
Wie lange der Trainer noch so zuschaut? Im Moment sind ihm personell die Hände gebunden, aber spätestens in der Winterpause, wenn der Transfermarkt noch einmal geöffnet ist, besteht Handlungsbedarf. „Wir brauchen einen Abwehrchef“, sagt Schmitt, „wenn möglich, sollten wir auf dieser Position etwas tun.“ Weder Jens Härter, noch Marcus Mann noch Marcel Rapp traut der Trainer diese Rolle offensichtlich zu, und auf den Außenverteidigerpositionen ist der Kader sowieso schon dünn besetzt.
Doch bei allen Problemen in der Defensive sollte nicht vergessen werden, dass die Mannschaft nach vorne durchaus höheren Ansprüchen genügt. „Ich denke, da gehören wir vielleicht sogar zum oberen Drittel der Liga“, sagt Schmitt, der in Wuppertal vor allem von Orlando Smeekes angetan war. Der Niederländer bereitete nicht von ungefähr das erste Tor vor und markierte das zweite selbst. „Er war richtig stark und wird noch besser, sobald er hundertprozentig fit ist.“
Auch mit Rosen und Gambo, selbst Vaccaro und Schürg ist Schmitt zufrieden. „Es gibt tausend Sachen, die richtig gut sind.“ Aber leider eine, die ganz schlecht ist: die Kickers bekommen zu viele Gegentore. Und mit dem Resultat aus Wuppertal haben sie auch noch einen (unrühmlichen) Vereinsrekord aufgestellt: 13 Spiele in Serie ohne Sieg.
Wuppertal: Maly – Weikl (30. Erfen), Barg, Markolf, Stuckmann – Schäfer – Reichwein (46. Damm), Jerat, Lejan – Altin (46. Rietpietsch) – Heinzmann.
Stuttgart: Salz – Reiß, Mann, Ortlieb, Landeka (67. Härter) – Rosen, Gambo, Kettemann – Traut, Vaccaro (46. Schürg), Smeekes (64. Deigendesch).
Stuttgarter Zeitung
Schmitt fordert neuen Abwehrchef
Ohne Verstärkung sieht Kickers-Trainer für die Blauen schwarz
Wuppertal/Stuttgart – Wieder sah die Defensive schlecht aus, wieder gab es zwei späte Gegentore. Nach dem 3:3 beim Wuppertaler SV steht für Trainer Edgar Schmitt fest: Ein neuer Abwehrchef ist für die Stuttgarter Kickers in der dritten Liga überlebenswichtig.
VON JÜRGEN FREY
Am Samstag suchte Edgar Schmitt ein bisschen Ablenkung und schaute sich die Bundesligapartie VfB Stuttgart gegen 1. FC Köln an. Ein Mann stach ihm dabei besonders ins Auge: Matthieu Delpierre. „Genau so einen brauchen wir“, sagte der Kickers-Coach nach einer Stippvisite in der Mercedes-Benz-Arena. Natürlich weiß Schmitt, dass dies so realistisch ist wie der Sprung der Blauen in die Champions League. Doch was er damit sagen will: Ein Hüne wie der 1,93 m große Franzose fehlt den Kickers im Abwehrzentrum. „Wir brauchen einen kopfballstarken Führungsspieler in der Innenverteidigung, sonst schaffen wir es nicht, das sieht doch jeder“, erklärt Schmitt.
Die nackten Zahlen jedenfalls sind eindeutig. Die Abteilung Attacke funktioniert: In den sechs Spielen unter seiner Regie gab“s 13 Tore. Das ist gehobenes Drittliganiveau. Doch hinten klingelte es insgesamt schon 30-mal. Das Ärgerliche daran: In Wuppertal verschenkten die Blauen zum sechsten Mal in dieser Saison in der Schlussphase wertvolle Punkte. „Wir lassen uns völlig amateurhaft hintenreindrängen, es fehlt einer, der das Team führt, körperlich präsent ist und die Abwehr dirigiert“, betont Schmitt – und ergänzt: „Mit so einem Spieler an ihrer Seite würden auch unsere restlichen Verteidiger wachsen.“
Das Problem: Ein erfahrener Abwehrchef kostet Geld. Geld, das die Kickers eigentlich nicht haben. Selbst ein Mann wie Kandidat Mischa Welm, der bei Schmitts Ex-Club VfR Aalen in die zweite Mannschaft abgeschoben wurde, wäre bei den Blauen ein Topverdiener. Doch Schmitt bleibt hartnäckig. „Es geht um die Zukunft des Vereins, da muss man auch mal ins Risiko gehen.“ Was Dirk Eichelbaum zu diesem Thema sagt? Erst einmal zuckt er leicht zusammen, dann spielt der Präsident auf Zeit: „Jetzt lassen wir mal die Winterpause kommen, dann analysieren wir, wer zu welchem Preis auf dem Markt ist.“ Sieben Spiele sind es noch vor Weihnachten. Sieben Spiele, in denen der aktuelle Kader alles dafür tun muss, damit der Abstand ans rettende Ufer nicht zu groß wird. Eichelbaum ist optimistisch: „Jetzt kommen die Duelle gegen Teams auf Augenhöhe.“ Eine Garantie für den ersten Saisonsieg ist dies aber noch lange nicht.
Stuttgarter Nachrichten
„Hinten zu naiv“
Stuttgarter Kickers verspielen beim 3:3 in Wuppertal kurz vor Schluss den Sieg
Wuppertal (hag) – Auch im 13. Anlauf hat es für die Stuttgarter Kickers nicht geklappt mit dem ersten Sieg in der dritten Fußball-Liga. Beim 3:3 (0:1) beim Wuppertaler SV waren die Kickers wieder mal nahe dran.
Bis kurz vor Schluss lagen die Kickers mit 3:1 vorne und waren zudem „die gefährlichere und bessere Mannschaft“, wie Trainer Edgar Schmitt betont. Die Tore von Angelo Vaccaro (4.), Orlando Smeekes (50.) und Bashiru Gambo (84.) schienen zu reichen, weil Wuppertal abgesehen vom Anschlusstreffer von Dirk Heinzmann (61.) nach vorne wenig zustande brachte. Am Ende kam es aber knüppeldick für die Stuttgarter: Erst verwandelte Heinzmann einen Foulelfmeter (86.), dann köpfte Michael Stuckmann in der Nachspielzeit zum 3:3-Endstand ein. „Wir sind hinten zu naiv gewesen“, bedauert Schmitt. „Wenn man so einen Mist baut in den letzten fünf Minuten.“
Mit dem Offensivspiel des Teams, das mit einem 4-3-3-System antrat, war der Trainer zufrieden, „da brauchen wir uns vor keinem zu verstecken“. Auch die konditionellen Mängel seien mittlerweile behoben, „wir sind topfit über 90 Minuten“. Als Baustelle bleibt die Defensive. „Große Defizite im Abwehrbereich“ hat Schmitt in Wuppertal gesehen. Dennoch blickt er zuversichtlich in die Zukunft. „Die Mannschaft gibt immer wieder Gas. Es ist eine logische Konsequenz, dass wir irgendwann gewinnen.“
Stuttgarter Kickers: Salz – Reiß, Mann, Ortlieb, Landeka (67. Härter) – Rosen, Gambo, Kettemann – Traut, Smeekes (64. Deigendesch), Vaccaro (46. Schürg).
Eßlinger Zeitung
Kickers vergeben zweifache Führung
Wuppertaler Last-Minute-Punkt
Für die Stuttgarter Kickers hat es erneut nur für ein Unentschieden gereicht. Gegen kämpfende Wuppertaler vergaben die Schwaben zwei Führungen und mussten sich letztendlich mit einem Punkt zufrieden geben.
Der Wuppertaler Trainer Christoph John schickte dieselbe Elf auf den Platz, die am Dienstag in Paderborn einen 1:0-Erfolg eingefahren hatte. Bei den Stuttgarter Kickers hingegen gab es nach dem 2:2-Remis gegen Union drei Veränderungen, gleich zwei davon in der Viererabwehrkette: Für Deigendesch rückte Reiß auf die rechte Seite, und Ortlieb stand für Rapp in der Innenverteidigung. Im Sturm sollte Smeekes anstelle von Schürg für Tore sorgen.
Die Kickers fanden schnell zu ihrem Spiel und gingen bereits nach fünf Minuten nach einem Zuspiel von Smeekes durch einen Treffer ihres Goalgetters Vaccaro in Führung. Zwar fanden die Wuppertaler bis zur Halbzeitpause besser in die Partie, zwingende Chancen der Gastgeber blieben jedoch Mangelware. Und auch die Kickers verpassten es in dieser Phase, weiter Druck zu machen, um die Führung auszubauen.
Erst in der zweiten Hälfte übernahmen die Gäste die Partie: In der 50. Minute konnte der Vorbereiter des ersten Tors, Smeekes, einen Abpraller zum 2:0 verwandeln. Nach dem zweiten Treffer ließen die Stuttgarter den Gastgebern zu viel Platz. Dadurch gelang Heinzmann, der von Damm bedient wurde, der 1:2-Anschlusstreffer (62.). In der Schlussphase wurde es dann noch einmal spannend: Zunächst stellte Bashiru Gambo in der 85. Minute mit dem 3:1 aus kürzester Distanz den Zwei-Tore-Vorsprung wieder her. Doch Wuppertal wehrte sich gegen die drohende Niederlage: Ein Foul von Mann an Stuckmann im Sechzehner brachte den Gastgebern nach 87 Minuten einen Elfmeter, den Heinzmann sicher zum erneuten Anschlusstreffer verwandelte. Kurz vor dem Abpfiff war es erneut eine Standardsituation, die für den Endstand sorgte: Stuckmann köpfte einen Freistoß zum 3:3-Endstand ins Tor.
Wuppertal erwartet am Samstag eine schwere Partie: Sie treffen in Düsseldorf auf den Tabellen-Dritten. Die Stuttgarter Kickers empfangen ebenfalls am Samstag Dynamo Dresden.
Kicker
Gute Karten für „Air-Heinzi“
von Thomas Besche
Nach seinen beiden Tore gegen die Kickers dürfte der Stürmer auch im Derby gegen die Fortuna erste Wahl sein.
Wuppertal. „Teamgeist und Moral sind da. Es wächst etwas zusammen“, sagt WSV-Trainer Christoph John und zieht ein positives Fazit einer anstrengenden englischen Woche. „Wir haben tüchtig Punkte geholt und uns in unseren Leistungen deutlich verbessert. Das Paderborn-Spiel hat das Selbstvertrauen gestärkt. Aber das Spiel gegen die Stuttgarter Kickers hat auch gezeigt, dass wir zu 100Prozent konzentriert sein müssen und nicht nachlassen dürfen“, so John. Der Kräfteverschleiß beim 3:3 gegen die Kickers war unverkennbar.
Ziel für das Derby gegen Fortuna Düsseldorf am kommenden Samstag in der LTU-Arena sei es, wieder mit einer ausgeruhten und frischen Mannschaft anzutreten. „Im Derby geht’s hoch her. In Düsseldorf müssen wir kompakt wie in Paderborn stehen. Wir können nicht davon ausgehen, jedes Mal ein Spiel zu drehen. Fortuna ist ein anderes Kaliber.“
Michael Stuckmann ging bereits mit einem grippalen Infekt ins Stuttgart-Spiel und wird die nächsten Trainingseinheiten pausieren. „Er ist im Moment eine Bank in der Abwehr und dazu auch noch gefährlich. Er ist in der Rolle des Leistungsträgers nicht wegzudenken“, sagt WSV-Trainer Christoph John. Tim Jerat zog sich eine Hüftprellung zu und wird ebenfalls mit dem Training aussetzen. Christopher Mahrt plagte zuletzt eine Mandelentzündung.
Wesentlichen Anteil daran, dass der WSV trotz eines 1:3-Rückstandes nach 84 Minuten noch ein 3:3 gegen die Kickers holte, hatte Stürmer Dirk Heinzmann mit seinen beiden ersten Saisontoren. „Er kam in den ersten Wochen weniger zur Geltung, aber wir wissen um seine Bedeutung innerhalb der Mannschaft und um seine Kopfballstärke.
Am Freitag hat für ihn alles gepasst“, sagt John über „Air-Heinzmann“, der ein Zuspiel von Tobias Damm verwertete und einen Elfmeter sicher verwandelte. Die Elfer schießt normalerweise Marcel Reichwein. Doch der war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr im Spiel. „Ich war mir bei Heinzi 100prozentig sicher, denn er hat auch im Training eine sehr gute Quote. Er hat sich gegen die Kickers empfohlen, ein gutes Bewerbungsschreiben abgegeben“, meint John, ohne dem gebürtigen Düsseldorfer für den kommenden Samstag eine Auflaufgarantie zu geben.
Das hängt wie immer von Johns taktischer Ausrichtung ab. „Reichwein hat gegen Paderborn getroffen, Heinzmann zweimal gegen die Kickers. Wichtig ist, dass die Stürmer das Gefühl haben, dass sie wieder treffen“, sagt John.
Westdeutsche Zeitung