7:4 – das Torverhältnis sagt einiges
Regionalliga Die Kickers stehen defensiv gut, doch nach vorne ist auch beim 1:1 in Hoffenheim noch Luft nach oben. Von Joachim Klumpp
Vor dem Regionalligaspiel bei Hoffenheim II hatten sich die Kickers-Spieler T-Shirts über das Trikot gezogen, auf denen stand: „Jetzt erst recht.“ Das war als Anspielung an das Skandalspiel zuletzt gegen Nürnberg (drei Platzverweise, zwei Elfmeter) gedacht – und offensichtlich auch die richtige Motivation für die Mannschaft. Denn schon nach 20 Sekunden führten die Gäste durch Enzo Marchese 1:0. Doch nach den 90 Minuten sagte der Trainer Dirk Schuster: „Ich weiß nicht, ob ich mich mehr über die Leistung freuen oder das Ergebenis ärgern soll.“
Nachdem Hoffenheims Torjäger Kai Herdling drei Minuten vor Schluss einen Freistoß in den Winkel zirkelte, hat es beim 1:1 nicht zum Sieg gereicht. Vielleicht auch deshalb, weil der Mannschaft in der 70. Minute ein Strafstoß verweigert wurde, als Mahir Savranlioglu im Strafraum zu Fall kam. „Ein klarer Elfmeter“, sagte der Kickers-Spieler, doch der Pfiff des Schiedsrichters Timo Gerach blieb aus. Was vor allem deshalb für böses Blut sorgte, weil eine Woche zuvor zwei weitaus harmlosere Aktionen gegen die Kickers entsprechend geahndet worden waren. „Doch es bringt jetzt nichts, ständig auf den Schiedsrichtern herumzuhacken“, sagte der Kapitän Marcel Rapp.
Letztendlich muss man sich auch an die eigene Nase fassen. Und da haben es die Kickers versäumt, nach dem „Nackenschlag“ (so Hoffenheims Trainer Markus Gisdol) dem Gegner auch noch den K.-o.-Schlag zu versetzen. „Wir haben zwar kaum Chancen zugelassen, haben aber nach vorne zu wenig Druck gemacht“, sagte Schuster später.
Was dazu führte, dass die nach zuletzt drei Niederlagen recht verunsichert wirkenden Hoffenheimer immer besser ins Spiel kamen. Die Kickers dagegen verhielten sich zu passiv und konnten auch bei ihren Konterversuchen keine Nadelstiche setzen, sieht man einmal von Savranlioglus Aktion ab. „Das 2:0 wäre die Entscheidung gewesen“, so Schuster, der zum Schiedsrichter sonst nur sagte: „Kein Kommentar.“
Dafür zu Fabian Gerster. Der fand sich trotz der drei Gesperrten Stierle, Auracher und Gondorf überraschend nicht in der Startelf. „Aus sportlichen Gründen“, wie Schuster sagte. Der manchmal etwas zur Bequemlichkeit neigende Ex-Pfullendorfer habe im Training nicht die erwartete Reaktion gezeigt, so dass er zunächst eine Denkpause bekam.
Wem die im nächsten Spiel droht? Erste Anwärter wären Marcel Ivanusa und Ali Pala, die beide – nicht zum ersten Mal in dieser Saison – ihre Chance nicht genutzt haben und kaum Druck über die Außenbahnen entwickelten. Auch Daniel Reule blieb bis auf seinen 45-Meter-Schuss an den Pfosten weitgehend unauffällig, der Sturmkollege Marcel Brandstetter bewegte sich besser, ihm fehlt aber vor dem Tor noch die Kaltschnäuzigkeit. Dafür fiel das Debüt von Dominique Fennell in der Innenverteidigung positiv auf.
Überhaupt steht die Mannschaft hinten gut angesichts von nur vier Gegentoren, davon drei nach Standards. Rapp: „Das zeigt, dass wir einen Plan haben.“ Defensiv. Offensiv ist bei sieben Toren noch Luft nach oben. Hessen Kassel hat schon 18 Treffer. Nicht nur deshalb besteht die Gefahr, dass der Tabellenführer einsam seine Kreise zieht. Die sieht der Trainer Dirk Schuster aber noch nicht: „Das ist für mich nur eine Momentaufnahme.“
Stuttgarter Kickers Wagner – Abruscia, Fennell, Rapp, Savranlioglu (74. Türpitz) – Rizzi – Pala, Marchese, Ivanusa (58. Gerster) – Brandstetter, Reule (84. Steinle).
Stuttgarter Zeitung
1:1 in Hoffenheim
Kickers machen wenig aus Blitzstart
Von Jürgen Frey
Hoffenheim – Diesmal kam Dirk Schuster zur Pressekonferenz. Doch über den Schiedsrichter wollte sich der Trainer des Fußball-Regionallisten Stuttgarter Kickers nach dem 1:1 bei 1899 Hoffenheim II, wie schon vor einer Woche, nicht äußern. „Ich kommentiere solche Szenen nicht mehr“, antwortete der Coach auf die Frage nach dem Foul an Mahir Savranlioglu 20 Minuten vor Schluss im Hoffenheimer Strafraum. Schusters Miene sagte jedoch mehr als 1000 Worte: Er war enttäuscht und verärgert. Über den nicht gegebenen Elfmeter und über die zwei verlorenen Punkte. „Dieses Ergebnis“, brummte Schuster nach dem Schlusspfiff, „ist weder Fisch noch Fleisch.“
Dabei hatten die Blauen nach dem Skandalspiel gegen den 1. FC Nürnberg II alle Register gezogen. Sogar für die eigenen Anhänger griffen sie in die Motivationskiste. Die Spieler liefen in T-Shirts über den Trikots mit dem Aufdruck „Jetzt erst recht“ ein. Diese warfen sie unmittelbar vor der Partie in den Fanblock.
Schon 19 Sekunden nach dem Anpfiff wurden die 400 mitgereisten Fans wieder beschenkt: Ein Solo von Sandro Abruscia verwertete Enzo Marchese zur Führung. Das sorgte für Ruhe, Ordnung und Selbstvertrauen. „Die Kickers stehen richtig gut“, stellte Peter Zeidler, der ehemalige Coach der Blauen, in der Pause fest. Was der aktuelle Hoffenheimer Profi-Co-Trainer nicht erwähnte: Nach vorne machten die Kickers aus dem Blitzstart viel zu wenig. Gegen die nach drei Niederlagen in Serie ohnehin verunsicherte Elf von Trainer Markus Gisdol wurden die Konter, wenn überhaupt, zu langsam vorgetragen. „Uns fehlte der Zug zum Tor“, monierte auch Schuster und musste eingestehen: „Dann muss man sich nicht beschweren, wenn man den Ausgleich bekommt.“ Dass der, wie bisher alle vier Gegentore in dieser Saison, durch eine Standardsituation fiel, machte die Sache nicht besser: Der direkt verwandelte 18-m-Freistoß von Kai Herdling zwei Minuten vor Schluss ins Tordreieck sorgte für kollektive Niedergeschlagenheit im Kickers-Lager.
Dabei gab es durchaus positive Aspekte. Dominique Fennell zeigte in der Innenverteidigung, als Ersatz für den rotgesperrten Patrick Auracher, eine tadellose Leistung. „Er hat gespielt, als sei er schon jahrelang Stammspieler“, lobte Schuster den 21-Jährigen. Auch die Ausfälle der gesperrten Stammspieler Nummer zwei und drei, Oliver Stierle und Jerome Gondorf, kompensierte das kompakte Kickers-Ensemble. Das zeigt: Schuster kann auf einen stabilen, ausgeglichenen Kader zurückgreifen. Und: Der Trainer hat einen Plan, in den sich die Spieler aus der zweiten Reihe nahtlos einfügen. Um den Kontakt zu Spitzenreiter Hessen Kassel nicht abreißen zu lassen, müssen jetzt aber wieder Siege her. Die nächste Chance bietet sich am kommenden Freitag (19 Uhr/Gazistadion) gegen 1860 München II.
Stuttgarter Nachrichten
Marchese trifft nach 19 Sekunden
Sinsheim (red) – Vier Minuten fehlten den Stuttgarter Kickers zum zweiten Auswärtssieg der Saison. Durch einen Gegentreffer per Freistoß in der 86. Minute kam der Fußball-Regionalligist bei 1899 Hoffenheim II zu einem 1:1 (1:0). Die „Blauen“ legten vor 750 Zuschauern einen Blitzstart hin: Nach 19 Sekunden sorgte Enzo Marchese für das 1:0. Alessandro Abruscia hatte den ersten Angriff des Spiels über die rechte Außenbahn eingeleitet. Marchese traf aus 20 Metern – sehr zur Freude der 300 mitgereisten Fans, die wenig später fast schon wieder Grund zum Jubeln hatten. Aber Daniel Reules Heber (14.) aus 50 Metern Entfernung endete am Pfosten. Eine Viertelstunde vor Schluss wurde Mahir Savranlioglu im Strafraum gefoult, doch der Elfmeterpfiff blieb aus. Stattdessen kamen die Hoffenheimer durch Kai Herdling zum 1:1-Ausgleich. „Der kämpferische Einsatz hat mir sehr gut gefallen“, lobte Kickers-Trainer Dirk Schuster: „Aber ich hätte mir gewünscht, dass wir unsere Kontergelegenheiten besser ausspielen.“
Eßlinger Zeitung
Hoffe II: Punktgewinn für die Moral
Hoffenheim. Mit einem 1:1 (0:1) gegen die Stuttgarter Kickers beendete die U23 ihre Niederlagenserie. „Der Punkt war wichtig für unsere Moral“, freute sich Hoffenheims Trainer Markus Gisdol. Den späten Ausgleichstreffer erzielte Kai Herdling mit einem direkt verwandelten Freistoß.
Vielleicht lag es an der beeindruckenden Auswärtskulisse, rund 300 Fans der Kickers waren in den Kraichgau gekommen, dass die Hoffenheimer den Start völlig verschliefen. Gerade mal 19 Sekunden waren vergangen, da zappelte die Kugel bereits im Netz. Vom Anstoß weg marschierten die Stuttgarter über die rechte Seite durch, der auffällige Alessandro Abruscia flankte ungestört in die Mitte und Vincenzo Marchese bedankte sich mit einer Direktabnahme von der Strafraumgrenze – 0:1. Erstmals in dieser Saison liefen Manuel Gulde und Denis Thomalla für die U23 auf, die Kickers waren gegenüber der 1:2-Heimniederlage gegen Nürnberg II gleich auf fünf Positionen verändert – drei davon aufgrund von Sperren aus dem Nürnberg-Spiel. „Trotz der Ausfälle wollten wir hier gewinnen“, sagte Kickers-Coach Dirk Schuster später. „Das 1:1 ist für mich nicht Fisch, nicht Fleisch.“
Der Rückstand war noch nicht ganz verdaut, da hatten die Kickers schon die nächste Möglichkeit, doch nach einer zu kurz geratenen Abwehraktion verzog Michele Rizzi deutlich (3.). Die Hoffenheimer fanden erst langsam in die Partie. Geburtstagskind Andreas Ludwig, der eine Eckball-Hereingabe direkt aufs Tor ziehen wollte, traf den Ball nicht richtig (7.) und hatte vier Minuten später Pech, dass die Kugel nach einem Pressschlag nur an den Außenpfosten trudelte. Im Nachsetzen drosch Jacob Amman, der erstmals in dieser Saison von Beginn an ran durfte, den Ball stark bedrängt aus kurzer Distanz übers Tor. Nach und nach erspielten sich die Platzherren nun ein optisches Übergewicht, doch zwingende Torchancen blieben im ersten Abschnitt aus. Glück hatten sie, dass Keeper Jens Grahl im Rückwärtslaufen einen Weitschuss Daniel Reules von der Mittellinie gerade noch so ans Gebälk lenken konnte (14.). Adam Jabiris Schuss aus knapp 18 Metern flog deutlich über das Tor (22.). „Die Führung hätte uns Selbstvertrauen geben müssen, stattdessen haben wir das Feld zu groß gemacht und die nachrückenden Hoffenheimer nicht in den Griff gekriegt“, kritisierte Schuster.
Im zweiten Durchgang zeigte sich die Gisdol-Elf spielbestimmend. „Man hat gesehen, dass wir bis zum Schluss auf einen Sieg aus waren“, zog der Trainer ein positives Fazit. Allerdings musste er lange bangen, dass es zumindest ein Zähler würde. Denn Ludwig traf aus aussichtsreicher Position nur das Außennetz (57.) und nach einer scharfen Ammann-Hereingabe von der linken Seite klärte Marcel Rapp noch in höchster Not (60.). Gisdol setzte nun alles auf ein Karte, brachte mit Christoph Hemlein und Marco Terrazzino zwei reine Offensivspieler und wechselte zudem Jannik Vestergaard ein, schickte allerdings den baumlangen Innenverteidiger ins Sturmzentrum. Der Däne war es auch, der einen langen Ball mit dem Kopf zu Herdling verlängerte, der an der Strafraumgrenze von Rapp gefoult wurde. Den fälligen Freistoß zwirbelte der Kapitän schließlich aus zentraler Position über die Mauer hinweg in den linken Torwinkel zum späten, aber verdienten Ausgleich. Da der Unparteiische wegen einer Verletzungsunterbrechung fünf Minuten nachspielen ließ, versuchten beide Teams noch einmal, die volle Ausbeute einzufahren. Häufiger auf dem Weg nach vorne waren dabei die Platzherren, die größte Chance hatte allerdings der „Ex“ Marcel Brandstetter, der einen langen Freistoß in den Strafraum ungestört annehmen durfte, dann aber überhastet verzog (90.).
„Nach drei Spielen ohne Punkt und dem Nackenschlag nach 19 Sekunden bin ich heute sehr zufrieden“, sagte Gisdol. „Wir haben die Stuttgarter bespielt und wollten mit aller Macht gewinnen. Der späte Zeitpunkt unseres Tores war vielleicht glücklich, insgesamt denke ich aber, dass wir aufgrund der Spielanteile hätten gewinnen müssen.“ Immerhin: Nach dem 0:2 zuletzt in Darmstadt gab es nun wieder ein Positiverlebnis zu bejubeln. „Wir können nicht erwarten, dass unsere Jungs in der Regionalliga innerhalb von zwei bis drei Wochen wahnsinnige Lerneffekte erzielen. Die Gegner sind besser, die Zuschauer auswärts aggressiver, da herrscht eine ganz andere Atmosphäre als in der Oberliga. Meine Mannschaft muss noch stabiler werden.“
1899 Hoffenheim – Stuttgarter Kickers 1:1 (0:1)
Hoffenheim: Grahl – Klingmann, Gulde (86. Vestergaard), Neupert, Ammann – Ludwig, Rosen, Kaiser (75. Hemlein) – Herdling – Thomalla (75. Terrazzino), Jabiri.
Stuttgart: Wagner – Abruscia, Fennell, Rapp, Savranlioðlu (75. Türpitz) – Pala, Rizzi, Marchese, Ivanusa (59. Gerster) – Reule (85. Steinle), Brandstetter.
Tore: 0:1 Marchese (1.), 1:1 Herdling (88.). Zuschauer: 750. Schiedsrichter: Gerlach (Landau). Karten: Gelb für Ludwig, Jabiri / Rizzi, Wagner.