„Das wird keine einfache Aufgabe“
Der Exprofi Dirk Schuster übernimmt bei den Stuttgarter Kickers den Posten des Cheftrainers
STUTTGART. Die Trainerfrage bei den Stuttgarter Kickers ist entschieden. Der frühere Profi Dirk Schuster erhält einen Vertrag bis 2011. In Sachen Management und Hauptsponsor stehen die Entscheidungen aber noch aus.
Von Joachim Klumpp
Wer die drei Begriffe Schuster, Spanien und Trainer in Zusammenhang bringt, der denkt fast automatisch an Bernd Schuster, der zuletzt bei Real Madrid als Trainer tätig war. Natürlich hat die Spur der Stuttgarter Kickers in diesem Zusammenhang nicht zu dem „blonden Engel“ geführt, sondern zu Dirk Schuster. Und der hat am Wochenende auch nur eben mal seinen Spanienurlaub unterbrochen, um den Zweijahresvertrag mit dem Verein aus Degerloch perfekt zu machen. Womit die erste Baustelle des künftigen Regionalligisten geschlossen werden kann. Denn nachdem zuvor Michael Feichtenbeiner dem Umfeld nicht vermittelbar gewesen ist und Michael Rentschler den Job beim Württembergischen Fußball-Verband (WFV) nicht aufgeben wollte, ging der Trend am Ende eindeutig hin zu Schuster.
Nach einem gut zweistündigen Gespräch am Samstag mit dem vierköpfigen Präsidium sagte dessen Mitglied Dieter Wahl: „Wir hatten das Gefühl: es passt.“ Nun hatte dieser Eindruck bei den Kickers ja auch schon bei Edgar Schmitt vorgeherrscht – und stellte sich im Nachhinein als trügerisch heraus. Doch das muss nichts heißen, selbst wenn Schuster mit „Euro-Eddy“ beim Karlsruher SC seine erfolgreichsten Profijahre verbracht und sich bei ihm – und dessen Vorgänger Stefan Minkwitz – noch einige Informationen über den Verein eingeholt hat. Danach weiß er zumindest: „Das wird sicher keine einfache Aufgabe, aber eine sehr reizvolle. Denn ich möchte hier eine Mannschaft zusammenstellen, die für einen Neuanfang steht und mit der sich die Fans identifizieren können.“Durch die verzögerte Trainersuche haben die Kickers in Sachen Kaderplanung wertvolle Zeit verloren, so dass Dirk Schuster bereits über Pfingsten dabei war, mit den bisherigen Leistungsträgern Kontakt aufzunehmen.
Der 41-Jährige hat Ende 2007 den Trainerlehrgang in Köln (wie einst Robin Dutt) als Lehrgangsbester abgeschlossen, danach als Trainer aber eher zwei Nebenrollen in Durlach und Wilferdingen übernommen: „Es gab Anfragen, aber man muss auch Geduld haben, bis es passt.“ Wie offensichtlich bei den Kickers, wo er als Cheftrainer arbeiten wird, nicht allerdings als Teamchef, sagte Wahl.
Was im Umkehrschluss heißt, dass die Managementfrage noch offen ist. Wahl: „Wir werden mit Joachim Cast sprechen, ob er sich vorstellen könnte, die administrativen Aufgaben zu behalten.“ Cast sagt dazu nur: „Ich befasse mich derzeit mit anderen Dingen.“ Nämlich mit den Unterlagen für die Regionalligalizenzierung, die bis Freitag (15.30 Uhr) beim DFB eingereicht werden müssen.
Das wird schwer genug. Vor allem, weil noch der Hauptsponsor fehlt. „Auch dieses Thema gehen wir jetzt verstärkt an“, sagt Wahl, „und ich könnte mir vorstellen, dass uns Eduardo Garcia mit dem neuen Trainer erhalten bleibt.“ Die Zeit drängt jedenfalls, denn Garcia ist schon im Urlaub – in Spanien. Dort muss auch Dirk Schuster nochmals hin: seine Familie aus den Ferien zurückholen.
Stuttgarter Zeitung
Kickers verpflichten Dirk Schuster
Ein Neuanfang mit Handicap
Von Joachim Klumpp
Die Verlockung ist groß gewesen, Guido Buchwald zu verpflichten. Doch die Verantwortlichen der Stuttgarter Kickers haben widerstanden, auch wenn sie den Weltmeister gerne enger an sich binden würden. Aber nicht als Trainer. Denn Buchwald hätte weder ins Anforderungsprofil noch in den finanziellen Rahmen gepasst und, als ehemaliger Teilzeitsportdirektor, auch nicht den propagierten Neuanfang verkörpert. Dabei ist der Verein ja gerne mal dem alten Glanz verfallen. Dafür standen in der Vergangenheit unter anderem Rainer Zobel, Arie Haan, Walter Kelsch, Jürgen Sundermann – und eben Guido Buchwald. Große Namen, kleine Wirkung.
Sie alle brachten weder sportlichen Erfolg noch wirtschaftlichen Aufschwung. So gesehen sind die Kickers in diesem Fall konsequent geblieben und damit zumindest glaubwürdig, auch wenn das erfahrungsgemäß einige Personen im Umfeld anders sehen werden. Dirk Schuster verkörpert Wissen und Willen – zwei Tugenden, die in der jetzigen Situation wichtiger sind als verblichenes Renommee. Dass dem Exprofi dabei die Erfahrung als Trainer weitestgehend fehlt, ist zweifellos ein Handicap, selbst in der Regionalliga. Nach dem Abstieg kann man die Verpflichtung eigentlich nur so verstehen: wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Stuttgarter Zeitung
„Wir wollen Power-Fußball spielen“
Dirk Schuster hat bei den Kickers künftig das sportliche Sagen und setzt auf ein Team aus der Region – Malchow soll Co-Trainer bleiben
Dirk Schuster ist der Mann, der die Stuttgarter Kickers nach dem Abstieg in die Regionalliga sportlich wieder auf Kurs bringen soll. „Es wird schwierig“, sagt der ehemalige Profi, „aber so ein Abstieg bietet auch immer die Chance auf einen echten Neuanfang.“
Von Dirk Preiß
Hallo Herr Schuster, sind Sie wieder im Urlaub?
Ja, das bin ich. Aber nicht sehr lange. Am Donnerstag geht es wieder zurück.
Vergangenen Freitag sind Sie schon einmal zurückgeflogen.
Stimmt, die Verantwortlichen der Stuttgarter Kickers hatten noch einmal um einen Termin gebeten, also habe ich meinen Spanien-Urlaub unterbrochen. Das erste Gespräch war schon sehr positiv gewesen, nun waren noch einige kleinere Dinge zu regeln, dann haben wir uns geeinigt.
Nun sind Sie also Kickers-Trainer. Keine leichte Aufgabe.
Nein, sicher nicht. Vor allem natürlich wegen des Abstiegs, und finanziell sind die Kickers ja auch nicht auf Rosen gebettet.
Was macht die Aufgabe dennoch so reizvoll für Sie?
So ein Abstieg ist doch auch immer eine Chance auf einen echten Neuanfang. Und genau den gilt es nun zu planen. Wir wollen mit vielen jungen Spielern aus der Region wieder ein gutes Bild der Kickers abgeben.
Werden da noch viele Spieler der Abstiegs-Mannschaft dabei sein?
Das muss man sehen. Ich habe am Wochenende auf jeden Fall schon einmal Gas gegeben und versucht, alle aktuellen Spieler zu erreichen. Ich muss ja auch wissen, wer sich überhaupt vorstellen könnte, den Karren, den sie in den Dreck gefahren haben, wieder mit rauszuziehen.
Wer hilft Ihnen bei der Zusammenstellung des Kaders? Wird Ihnen noch ein Sportdirektor zur Seite gestellt?
Nein. Was das Sportliche betrifft bin ich der Chef. Aber ich habe schon Kontakt zu Björn Hinck, dem Trainer der zweiten Mannschaft, aufgenommen. Außerdem möchte ich Alexander Malchow gerne als Co-Trainer haben, dazu Dennis Rudel als Torwarttrainer – ich denke, so haben wir eine Menge Kompetenz zusammen, was den Fußball hier in der Region angeht.
Und welches Ziel wollen Sie mit der neuen Truppe erreichen?
Natürlich haben wir auch über Zielsetzungen gesprochen. Aber jetzt, da wir noch nicht einmal einen Kader zusammenhaben, sollten wir öffentlich darüber nicht reden. Das können wir zu gegebener Zeit immer noch tun.
An einen direkten Wiederaufstieg denken Sie aber nicht.
Das wäre doch auch utopisch. Die Stuttgarter Kickers befinden sich in einer Phase der Konsolidierung. Wichtig ist mir zunächst einmal die Art und Weise, wie wir uns präsentieren.
Was sind Ihre Vorstellungen?
Wir wollen Power-Fußball spielen. Das heißt, dass wir immer alles versuchen müssen, um das Spiel zu gewinnen. Klar, es kann sein, dass ab und zu eine andere Mannschaft besser ist, aber wir müssen zumindest immer alles geben. Außerdem ist mir Disziplin – auf dem Platz und außerhalb des Platzes – sehr wichtig.
Wie gut kennen Sie die Kickers eigentlich?
Ich wohne zwar in Karlsruhe, habe den Club in den vergangenen Monaten aber interessiert verfolgt. Viel mehr als andere Mannschaften der dritten Liga. Schließlich habe ich einst mit Stefan Minkwitz zusammengespielt, beim KSC war ich dann in einem Team mit Edgar Schmitt, und mit Rainer Kraft habe ich den Trainerlehrgang absolviert.
Den Sie dann als Lehrgangsbester abgeschlossen haben.
Ja, das stimmt.
Bei den Kickers gab es schon einmal einen Trainer, der Lehrgangsbester war.
Ich weiß. Und ich finde, dass Robin Dutt damals bei den Kickers hervorragende Arbeit gemacht hat – und auch jetzt in Freiburg macht.
Stuttgarter Nachrichten
Dirk Schuster
1967 wird Dirk Schuster am 29. Dezember geboren.
1986 wird der Chemnitzer mit der U-19-Auswahl der DDR Europameister.
1990 beginnt der Abwehrspieler seine Profikarriere bei Eintracht Braunschweig. Von 1991 bis 1997 spielt er für den Karslruher SC und bestreitet in dieser Zeit drei Länderspiele. Danach spielt er noch für den 1. FC Köln, LR Ahlen und Waldhof Mannheim.
2007 hat er die Ausbildung zum Fußballlehrer als Lehrgangsbester abgeschlossen.
Ab der Saison 2009/2010 ist der 41-Jährige Cheftrainer von Regionalligist Stuttgarter Kickers. Der Vertrag läuft bis 2011.
Stuttgarter Nachrichten