Von Jürgen Frey
Fußball Pressekonferenz vor dem 164. Fußball-Stadtderby zwischen dem Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers und dem Bundesligisten VfB Stuttgart
Stuttgart – Regionalligist gegen Bundesligist. Vor dem Stuttgarter Freundschafts-Derby Kickers gegen VfB morgen (19 Uhr/Gazistadion) liegen so viele Spielklassen wie noch nie zwischen Blau und Rot. Auch deshalb ist von Rivalität zwischen den Präsidenten Erwin Staudt (VfB) und Edgar Kurz (Kickers) nichts zu spüren.
Herr Staudt, Herr Kurz, nach der WM ist vor dem Derby, halten Sie den Termin morgen für günstig?
Staudt: Einerseits sehe ich es etwas kritisch, da die Menschen vielleicht ein wenig satt sind, was Fußball betrifft. Andererseits glaube ich, dass durch die Spiele in Südafrika – vor allem durch unsere deutsche Elf – auch Lust geweckt wurde auf das Live-Erlebnis im Stadion.
Kurz: Auch wenn beim VfB die WM-Teilnehmer fehlen werden – die Neugier auf die neuen Teams wird groß sein. Ich rechne mit über 4500 Zuschauern.
Profitieren die Vereine von einem Großereignis wie der WM?
Staudt: Die phänomenalen TV-Quoten zeigen doch, dass kein anderes kulturelles Ereignis die Menschen im Land so in ihren Bann zieht.
Kurz: Auffallend finde ich vor allem, wie sehr die Zahl der Frauen zugenommen hat, die Fußball schauen.
Kommen deshalb auch mehr zu den Kickers?
Kurz: Wir können zwar keine Stars bieten, dafür schnellen, ehrlichen Sport mit Herz. Und optisch vorzeigbar ist unsere Elf auch – wie sie bei Modeschauen schon bewiesen hat. Klar ist: Wir haben die gesamte Familie als Fans im Blick. Die Kickers als familienfreundlichster Verein im Land – das hätte durchaus seinen Charme.
Rot und Blau trennen inzwischen drei Spielklassen. Können Sie sich noch ans letzte Derby um Punkte erinnern?
Staudt: Das war im Mai 1992. Ich saß auf der Gegengeraden – und es war Sammer-Time. Matthias Sammer mischte die Kickers fast im Alleingang auf – der VfB machte aus einem 0:1 ein 3:1.
Kurz: Die Kickers stiegen ab, der VfB wurde Meister.
Seitdem geht die Schere zwischen den Clubs immer weiter auseinander.
Kurz: Was die Optik betrifft, haben wir uns durch den gemeinsamen Hauptsponsor Gazi ja schon angenähert. Wir tun alles dafür, um auch sportlich wieder etwas aufzuholen.
Staudt: Wir hätten nichts dagegen. Im Gegenteil: Die Kickers in der zweiten Liga – das wäre ideal. Auch für uns. Die Blauen würden dann in einer Liga spielen, die wir mit unserer zweiten Mannschaft nicht erreichen können. Das würde uns die Möglichkeit bieten, dort Talente weiterzuentwickeln, ohne dass die ihr gewohntes Umfeld verlassen müssten.
Aktuell können Sie nichts für die Blauen tun?
Staudt: Unsere Möglichkeiten sind endlich. Solange die Kickers eine Liga unter unserer Drittligaelf spielen, gestaltet sich die ganze Sache schwierig.
Klappt es mit dem geplanten gemeinsamen Fan-Projekt?
Staudt: Das wäre klasse. In Stuttgart haben wir diesbezüglich Nachholbedarf. Doch die Entscheidung liegt bei der Stadt – der Zuschuss wurde meines Wissens noch nicht bewilligt. Die Gelder vom Deutschen Fußball-Bund und vom Land dagegen schon.
Kurz: Ich würde es auch toll finden, wenn es klappt. Ich bin in Cannstatt geboren und in Degerloch aufgewachsen. Ich bin Stuttgarter und frei von jeder Rivalität.
Und wenn in der kommenden Bundesligasaison Ihr Sohn Marco mit dem 1. FC Kaiserslautern auf den VfB trifft …
Kurz: … dann bitte ich um Verständnis, dass ich mehr Vater bin als Stuttgarter.
Herr Staudt, wäre FCK-Chefcoach Marco Kurz mal einer für den VfB?
Staudt: Er hat ja schon für den VfB gespielt. Marco Kurz ist mit dem Trainer-Gen ausgestattet und gehört zur modernen Generation der Fußball-Lehrer. Er kann für jeden Bundesligisten ein interessanter Mann werden.
Herr Staudt, Herr Kurz, vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: Ein Stuttgarter Stadtderby um Punkte wird es …
Kurz: … zunächst nur in blauen Träumen geben.
Staudt: Ich schließe mich meinem Kollegen an. Aber im Fußball ist alles möglich.
Stuttgarter Nachrichten