Herr Arnold, kennen Sie schon alle Kickers-Jugendspieler mit Namen?
Nein. Es sind ja etwa 180 Spieler, die auf zwölf Mannschaften verteilt sind. Aber ich bemühe mich darum. Die Trainer und Betreuer dagegen kenne ich schon alle. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis.
Wie kommt es, dass es Sie gerade zu den Stuttgarter Kickers verschlagen hat?
Über die Kontakte, die ich als Bezirksjugendleiter hatte. Ich wurde seinerzeit angesprochen, ob ich das machen möchte. Diese Herausforderung habe ich gerne angenommen. Ich wollte mal wieder auf die andere Seite des Tisches, auf die Vereinsseite wechseln. Dabei kann ich das Wissen aus meiner Verbandstätigkeit gut einbringen. Außerdem hat mich das Gesamtkonzept der Kickers überzeugt. Das hat sich stark verändert: Die Finanzen, die sportliche Ausrichtung, das Marketing – alles ist inzwischen neu geordnet. Das hat mich beeindruckt.
Sie sind berufstätig, kommen zusätzlich jeden Tag zur Geschäftsstelle, um dort Ihr Ehrenamt anzutreten. Warum tun Sie sich diese Doppelbelastung an?
Dafür gibt es viele Gründe. Da ist zum Beispiel die Faszination, etwas zu bewegen, zu erleben, wie andere Leute durch die eigene Arbeit motiviert werden. Man sieht vor allem bei Jugendspielern, wie da eine Saat aufgeht. Außerdem bin ich ein Mensch, der Baustellen mag. Ich hätte das Amt wohl nicht übernommen, wenn davor alles perfekt gelaufen wäre – und das sage ich jetzt, ohne meine Vorgänger schlecht machen zu wollen.
Was genau umfasst Ihre Arbeit bei den Stuttgarter Kickers – und welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Da war natürlich zunächst einmal das Kennenlernen der Trainer und Mannschaften und deren spezielle Anforderungen. Zudem habe ich einen Koordinator für die jüngeren Altersklassen, also den unteren Jugendbereich installiert. In Markus Hummel haben wir da einen sehr guten Mann. Ihm geht es wie mir nicht nur um die Erfolge, sondern um die fußballerische und sportmotorische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Spätestens zum Jahreswechsel möchte ich einen solchen Koordinator auch für die älteren Jugendmannschaften einsetzen. Der hat dann ganz andere Aufgaben, denn ab der U 12 oder U 13 beginnt für mich die Grenze zum Leistungssport. Darüber hinaus gehört es zu meinen Aufgaben, die Kontakte zu Bezirk und Verband zu pflegen. Schließlich kümmere ich mich noch um den Trainingsplatzbetrieb. Das ist unglaublich zeitraubend, denn in Degerloch gibt es immer zu wenige Plätze. Ich möchte der Stadt mitgeben, dass sie die Platzsituation dringend entschärfen muss.
Worauf legen Sie besonderen Wert?
Wie schon gesagt, im Kinderbereich geht es mir nicht primär um Leistung, sondern darum, dass wir den Kleinen eine solide sportmotorische Ausbildung mitgeben. Oder anders ausgedrückt: Wer als Kind nicht richtig laufen lernt, wird später kein Mesut Özil. Eines meiner weiteren Anliegen ist, dass unser Auftritt nach außen besser wird. Der war zuletzt teilweise von einer gewissen Arroganz geprägt, das gefällt mir gar nicht. Wir haben eine Vorbildfunktion zu erfüllen, deshalb ist Wertevermittlung ganz wichtig. Es gibt Leitlinien für Trainer und Spieler, und wir versuchen, auch die Eltern einzubeziehen. Man muss ihnen zum Beispiel immer wieder klarmachen, dass nicht 20 Trainer am Spielfeldrand stehen können.
Haben Sie vom Verein spezielle Vorgaben für Ihre Arbeit bekommen?
Nein. Man kann insbesondere mit Guido Buchwald vom Kickers-Präsidium wunderbar zusammenarbeiten. Er gibt mir Tipps, aber er lässt mich in Ruhe meine Arbeit machen. Außerdem haben wir das gleiche Ziel: Wir wollen unsere Jugendmannschaften zumindest in den jetzigen Spielklassen halten oder zum Aufstieg bringen. Abgesehen davon sind wir uns einig: Auf unsere Jugendarbeit können wir stolz sein. Bei unseren Leistungsvergleichen haben wir regelmäßig die Jugendteams von Bundesligaclubs wie Hertha BSC, dem VfB oder Hoffenheim zu Gast. Dahinter müssen wir uns als Regionalligist nicht verstecken.
Mit dem Abschneiden der Kickers-Jugendmannschaften in den vergangenen Jahren kann der Verein nicht zufrieden sein. Was wollen Sie tun, um das zu ändern?
Ich sehe vor allem die U 17 in der Verbandsstaffel als eindeutig zu niedrig angesiedelt. Steigt die U 17 nicht in die Oberliga auf, ist das ein Riesenproblem – und zwar vor allem deshalb, weil die U 15 ja in der Regionalliga und somit der höchsten Spielklasse in ihrer Altersklasse spielt. Wenn die C-Jugendspieler dann aus ihrer Altersklasse herauskommen, stürzen sie in eine niedrige Liga ab. Oder die großen Vereine machen ihnen Angebote, dagegen sind wir dann relativ machtlos. Deshalb ist der Aufstieg der U 17 unsere erste Priorität, auch wenn wir uns zur Winterpause verstärken müssen.
Wie wollen Sie das bewerkstelligen, da die Kickers bekanntlich nicht mit Geld um sich werfen können?
Wir werben damit, dass wir ein Traditionsverein sind und den jungen Spielern eine solide, fußballerische Ausbildung anbieten. Damit können manche den Sprung über die U 23 in unsere Regionalliga-Mannschaft und später vielleicht sogar in einen Bundesliga-Club schaffen. Das ist eine gute Perspektive. Zudem will ich noch mehr Kooperationen zwischen uns und Vereinen in ganz Baden-Württemberg aufbauen. Das hilft, um Talente frühzeitig zu entdecken.
Könnten Sie sich vorstellen, auch mal hauptamtlich für einen Fußballclub zu arbeiten? Und wenn ja – wären die Stuttgarter Kickers Ihre erste Wahl?
Das ist mit Sicherheit eine Option. Wenn unsere Regionalliga-Mannschaft aufsteigt, wäre ohnehin innerhalb eines Jahres ein Leistungszentrum für die Jugend fällig. Dafür braucht man dann auch einen hauptamtlichen Jugendleiter. Ob das nun ich wäre, sei dahingestellt. Aber interessiert wäre ich schon – wenn man sich für etwas einsetzt, schlägt ja auch das Herz dafür.
Stuttgarter Zeitung