Den Kickers fehlt die Konstanz
Bei der 0:3-Niederlage gegen Jena geht nach der Pause die Ordnung im Mittelfeld völlig verloren
STUTTGART. Die Stuttgarter Kickers haben unter Edgar Schmitt ihre erste Heimniederlage in der dritten Liga kassiert. „Ein herber Rückschlag“, sagte der Manager Joachim Cast nach dem 0:3 (0:0) gegen Carl Zeiss Jena.
Von Joachim Klumpp
Jenas Trainer hatte seiner Mannschaft in der Besprechung vor dem Spiel eine Aussage des Kickers-Kollegen Edgar Schmitt mitgebracht, der da betonte: „Das Stadion muss unseres bleiben.“ Daran wollte der Gast auch gar nicht rütteln, genauso wenig wie seine 700 friedlichen Fans. „Wir wollten das Stadion nicht mitnehmen, wir haben selbst ein schönes“, sagte der Holländer Rene van Eck, und fügte hinzu: „Aber wir wollten die Punkte.“
Und das ist dem Zweitligaabsteiger schließlich gelungen, wenngleich das 3:0 auf dem Papier über den wahren Spielverlauf auf dem Platz hinwegtäuscht. Während die vier Punkte der Kickers in den beiden letzten Spielen gegen Dresden und in Braunschweig teilweise etwas glücklich zustande kamen, lag der Fall am Samstag anders. Die Kickers dominierten die Partie scheinbar souverän. „Wenn wir in Führung gehen, läuft das Spiel anders“, sagte der Stürmer Michael Schürg, der vor der Pause die beiden besten Möglichkeiten vergab, wobei einmal ebenso der Pfosten im Weg stand wie bei Marcel Rapps Versuch unmittelbar nach der Pause.
Nach dem 1:0 der Gäste, als Rene Eckardt die Einladung der gesamten Kickers-Abwehr zum Torschuss dankend annahm, zeigte sich aber, dass die Mannschaft noch lange nicht so gefestigt ist, um kompakt über die gesamten 90 Minuten aufzutreten. „Die Spieler waren einfach geschockt“, sagte Schmitt. Das Fehlen des verletzten Kapitäns Alexander Rosen mag dafür eine Erklärung, aber längst keine Entschuldigung sein. Als dann allerdings auch noch Benedikt Deigendesch mit Schwindelgefühlen ausschied, war keiner mehr vorhanden, der für die Ordnung im Mittelfeld sorgte, zumal Bashiru Gambo nach der Pause untertauchte und auch das Auswechselkontingent (mit der totalen Offensive durch Tucci und Smeekes) bereits relativ frühzeitig erschöpft war. Jena dagegen zog in dem Malteser Andre Schembri und vor allem dem Italiener Salvatore Amirate noch zwei Trümpfe aus dem Ärmel – und erzielte zwei weitere Tore. „Ihr Konzept ging auf“, musste selbst Edgar Schmitt zugeben.
Das der Kickers nicht. „Wir sind aus der Pause gekommen und wollten gewinnen“, sagte Schürg. Vielleicht war die Mannschaft in diesem Fall etwas zu sicher, denn bis dato deutete auf den schwierigen Bodenverhältnissen nichts darauf hin, dass die schwachen Thüringer drei Punkte entführen. Insgesamt fällt aber auf, dass die Leistungsschwankungen der Kickers einfach zu groß sind. Nach einer starken Hälfte in Offenbach brach die Mannschaft nach der Pause und dem ersten Gegentor ein; in Braunschweig hatte sie bis zur Halbzeit mehrere brenzlige Situationen zu überstehen, um danach eine ordentliche Leistung abzuliefern; gegen Berlin rüttelte erst ein 0:2 die Kickers auf; und davor lagen noch die Spiele mit Drei-Tore-Führungen und -Rückständen gegen die zweiten Mannschaften der Bayern und des VfB, die allesamt Remis endeten.
Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das bis zum Saisonende so weitergehen könnte. Ob beziehungsweise inwieweit die Mannschaft in der Winterpause verstärkt werden kann („prinzipiell haben wir einen kleinen Kader“, so der Manager Cast), wird die wirtschaftliche Situation mit entscheiden.
Doch bis dahin stehen noch vier Spiele an. Während Schürg sagte: „Ich denke nicht, dass uns das Ergebnis groß zurückwirft“, sagte Cast: „Das war ein herber Rückschlag.“ Und das ausgerechnet vor der Hauptversammlung am Mittwochabend, auf der der Verein wirtschaftlich zwar schwarze Zahlen vorlegen kann, aber sportlich in dieser Saison eine negative Bilanz aufweist.
Stuttgarter Kickers: Salz – Reiß, Ortlieb, Rapp, Härter – Traut, Deigendesch (55. Prediger), Gambo, Landeka (63. Smeekes) – Schürg, Vaccaro (63. Tucci).
Carl Zeiss Jena: Nulle – Wallschläger, Robert Müller, Wuttke (46. Schembri), Ralf Schmidt – Riemer – Sträßer (87. Eggemann), Eckardt, Hansen, Nils Petersen (76. Amirante) – Hähnge.
Stuttgarter Zeitung
Schmitt ruft zur Ordnung
Unsortierte Kickers brechen gegen Jena nach guten 60 Minuten ein – Kehrt Oliver Barth zurück?
Stuttgart – Lange Zeit haben sie sehr passabel gespielt. Doch ein Gegentor reichte, um Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers beim 0:3 (0:0) gegen Carl Zeiss Jena völlig aus der Bahn zu werfen. „Ich bin doch kein Zauberer“, sagte Trainer Edgar Schmitt.
VON JÜRGEN FREY
Der Pechvogel des Tages saß nach dem Abpfiff enttäuscht auf dem schneebedeckten Rasen. Immer wieder schüttelte Michael Schürg den Kopf. Dann raffte sich der Stürmer auf, trabte mit gesenktem Kopf Richtung Kabine und murmelte: „Das war heute einfach nur Pech.“ Richtig stark hatte der 24-Jährige vor der Pause aufgetrumpft – nur eben das Entscheidende verpasst: mindestens ein Tor zu erzielen. In der 32. Minute war bei seinem abgefälschten Schuss der Pfosten im Weg, zwei Minuten später fand Schürg frei stehend vor Carsten Nulle in Jenas Keeper seinen Meister. Da auch Kickers-Innenverteidiger Marcel Rapp in der 50. Minute nur den Innenpfosten traf und Jena bis dahin keine einzige Torchance hatte, kam Schürg die Vokabel Pech nicht zu Unrecht über die Lippen. Aber die Blauen sind gut beraten, die achte Saisonniederlage tiefgreifender zu analysieren.
Die fehlende Ordnung: Benedikt Deigendesch hatte eine sehr solide Vorstellung vor der Abwehr gezeigt. Mit seiner Auswechslung wegen Schwindelgefühlen (55.) nahm das Unheil seinen Lauf. Das erste Gegentor (68.) warf die Blauen dann total aus der Bahn. Jegliche Stabilität und Ordnung ging verloren. Die Spieler hielten nicht mehr ihre Positionen. Viel zu unentschlossen und ohne Aggressivität gingen sie in die Zweikämpfe. Aufbäumen? Fehlanzeige. „Die Mannschaft war plötzlich wie gelähmt und stand unter einem kollektiven Schock“, stellte Schmitt fest. Wie er die Probleme lösen will? Vor allem mit viel Arbeit. „Ich werde mit intensiven Übungen den Jungs beibringen, künftig die Ordnung zu halten“, erklärte der Coach, „wenn es sein muss, werde ich im Training Felder auf den Rasen zeichnen.“
Der fehlende Leitwolf: In der kritischen Phase war weit und breit kein Spieler zu sehen, der das Team aufrüttelte. „Ich habe zu wenige in der Mannschaft, die richtig dazwischenhauen“, hat auch Schmitt erkannt. Es allein auf das Fehlen des verletzten Kapitäns Alexander Rosen zurückzuführen, wäre ein Armutszeugnis. Auch von erfahrenen Kräften wie Bashiru Gambo und dem derzeit indisponierten Angelo Vaccaro müssen weitaus mehr Impulse ausgehen. Ansonsten werden die Blauen den Weg aus dem Keller nicht schaffen.
Vier Spiele stehen vor der Winterpause noch auf dem Programm: Am kommenden Samstag (14 Uhr) beim VfR Aalen, zu Hause gegen Werder Bremen II (7. Dezember), beim SC Paderborn (13. Dezember) und daheim gegen Wacker Burghausen (20. Dezember) geht es darum, den Anschluss ans rettende Ufer nicht zu verlieren. Danach könnte es zu Veränderungen im Kader kommen. Die Namen Mischa Welm, Thorsten Traub (beide VfR Aalen), Thomas Scheuring (zuletzt Omonia Nikosia) und vor allem Oliver Barth (SC Freiburg) machen die Runde. Schmitt sagt dazu nur so viel: „Alle meine aktuellen Spieler sind willig, aber Fußball ist auch ein Strategiespiel – und ich bin kein Zauberer.“
Stuttgarter Nachrichten
Pfosten und Kopf stehen im Weg
Drittligist Stuttgarter Kickers bricht nach dem 0:1 ein und verliert gegen den FC Carl Zeiss Jena mit 0:3
Von Andreas Müller
Stuttgart – Es geht immer noch ein bisschen schlechter: Die Stuttgarter Kickers haben im Kampf um den Klassenverbleib einen großen Rückschlag erlitten. Die 0:3 (0:0)-Niederlage gegen den FC Carl Zeiss Jena hat deutlich gemacht, dass der Fußball-Drittligist keine Mannschaft besitzt, die mental in der Lage ist, Unvorhersehbares wegzustecken. Die 3440 Fans, sofern sie mit den Kickers sympathisierten, hatten sich nach den ersten 45 Minuten auf dem schneebedeckten Rasen im Gazi-Stadion einigermaßen zufrieden auf den Weg zum Stand mit Bier und Roter Wurst gemacht. Die „Blauen“ waren die aktivere Mannschaft und ließen mit über weite Strecken gut angelegtem Kurzpassspiel den eher mit einfachen spielerischen Mitteln ausgestatteten Gast aus Jena keine Entfaltungsmöglichkeiten. Pech nur, dass die Kickers das Tor nicht trafen. Michael Schürg (32.) scheiterte am Pfosten und an Torhüter Carsten Nulle (35.). Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Mannschaft von Trainer Edgar Schmitt in Führung gehen würde. Die Überlegenheit wurde mit einem erneuten Pfostentreffer von Marcel Rapp (49.) untermauert. Doch mit einer einzigen Szene brach Jena den Bann und rief bei den Stuttgartern Chaos hervor. Der Führungstreffer von René Eckardt (69.) raubte den „Blauen“ das Selbstvertrauen. Schmitt sprach von einem Schock, Manager Joachim Cast stellte fest: „Danach waren wir wie gelähmt.“ Dass Eckardt nahezu ohne Gegenwehr von vier Stuttgartern aus 16 Metern abschließen durfte „war auch keine Meisterleistung der Abwehr“ (Schmitt).
Schock, Lähmung und ein Kopf, der vor Selbstzweifeln zu platzen schien. Die Serie von vier Spielen ohne Niederlage hat keinerlei positive Auswirkungen auf das strapazierte Nervenkostüm gezeigt. Die Mannschaft ist nach wie vor völlig verunsichert und schafft es nicht, nach einem Rückstand die klassischen Tugenden im Kampf um den Klassenverbleib abzurufen. Verbissenheit und Einsatzbereitschaft tendierten nach dem Rückstand gegen Null. Ob der verletzte Kapitän Alexander Rosen in dieser Phase das kollektive Versagen verhindert hätte, ist eine von vielen Fragen, die unbeantwortet bleiben werden.
Jena bekam nach der Führung das Spiel immer besser in den Griff und wurde in der 82. Minute belohnt. Nach einer Flanke des eingewechselten Salvatore Amirante rutschte Thorsten Reiß so unglücklich in die Hereingabe, dass der Ball ins eigene Tor kullerte. Danach kam es an der Seitenlinie zu einer Art Vollversammlung von fünf Stuttgartern, die den Trainer um Rat fragten. Was sollen wir tun? Doch zu diesem Zeitpunkt wusste auch Schmitt nicht mehr weiter, das Spiel war längst gelaufen. Das 3:0 durch Amirante (90.+2) entsprang einem Konter, weil die Kickers alles nach vorne warfen. Wie es weitergeht? „Wir fahren nach Aalen und geben dort richtig Gas“, erklärte Schmitt. Was sollte er auch sonst sagen?
Eßlinger Zeitung
Kickers kassieren nach vier unbesiegten Spielen wieder eine Niederlage
Eckardt stellt Partie auf den Kopf
Carl Zeiss Jena hat gegen die Stuttgarter Kickers glücklich drei Punkte aus Degerloch entführt. Die Hausherren waren bis zum ersten Gegentor von Eckardt spielbestimmend und hatten bei zwei Pfostentreffern Pech. Carl Zeiss zeigte sich nach der eigenen Führung eiskalt und verwertete seine Torgelegenheiten gegen konsternierte Kickers konsequent.
Kickers-Trainer Edgar Schmitt nahm im Vergleich zum 1:1 in Braunschweig vier Änderungen an seiner Startformation vor: Rapp ersetzte den rot-gesperrten Mann in der Innenverteidigung der Schwaben. Deigendesch agierte für den verletzten Kapitän Rosen im defensiven Mittelfeld. Landeka kam für Kettemann und im Angriff ersetzte Schürg den Niederländer Smeekes.
Carl-Zeiss-Coach René van Eck baute seine Anfangself nach der 2:4-Heimpleite gegen den SC Paderborn auf einer Position um: Petersen ersetzte Schembri im Mittelfeld der Jenaer.
Beide Mannschaften fanden im Gazi-Stadion nur schleppend in die Begegnung. Gleichwohl waren es die feldüberlegenen Gastgeber, die sich im weiteren Verlauf deutlich mehr Spielanteile erarbeiteten, ohne allerdings größere Torgefahr vor dem Kasten von Jena-Keeper Nulle herauf zu beschwören. Carl Zeiss fand in der ersten Halbzeit in der Vorwärtsbewegung nicht statt. In der letzten Viertelstunde des ersten Durchgangs entwickelte sich dann ein Privatduell zwischen Kickers-Angreifer Schürg und Carl Zeiss Torhüter: Der Torschützenkönig der abgelaufenen Oberliga-Saison scheiterte in der 34. Minute an Pfosten und Nulle und danach noch zweimal am Keeper der Thüringer (35. und 42.).
Auch nach Wiederanpfiff waren die gastgebenden „Blauen“ deutlich präsenter. In der 53. Minute hatte die Schmitt-Elf bei einem weiteren Aluminium-Treffer Pech, als ein Rapp-Schuss nach Vorarbeit von Traut nur an den Pfosten des Gästegehäuses klatschte. In der 69. Minute stellte dann Eckhardt mit einem Schuss aus 12 Metern, der in den Maschen des Stuttgarter Tores landete, den Spielverlauf auf den Kopf. Die Schmitt-Schützlinge waren nun geschockt und hätten bei Chancen von Hähnge (74.) und dem eingewechselten Amirante (78.) um ein Haar das zweite Gegentor kassiert.
Dieses fiel dann auch in der 82. Spielminute, als Kickers-Außenverteidiger Reiß das Leder nach scharfer Hereingabe von Amirante ins eigene Tor lenkte. Gegen konsternierte Schwaben erhöhte Amirante im Konter sogar noch auf 3:0 für das im Abschluss in der zweiten Hälfte äußerst effektive Van-Eck-Team.
Die Stuttgarter Kickers treten am kommenden Samstag in einem schwäbischen Derby beim VfR Aalen an. Carl Zeiss Jena empfängt am gleichen Tag Fortuna Düsseldorf auf dem heimischen Ernst-Abbe-Sportfeld.
Kicker