Die Luft für Sehrig wird dünner
Der VfL Kirchheim bleibt beim 0:4 gegen die Kickers zum dritten Mal in Folge punkt- und torlos
Der VfL Kirchheim entwickelt sich zur Schießbude der Fußball-Oberliga. Nach der deftigen 0:4 (0:0)-Heimniederlage gegen die Stuttgarter Kickers II ist die Diskussion um VfL-Trainer Dietmar Sehrig in vollem Gange.
Klaus-Dieter Leib
Kirchheim. „Wir werden uns gemeinsam zusammen setzen und entscheiden, was am besten für den Verein ist.“ Kirchheims Abteilungsleiter Dr. Jörg Mosolf schien nach dem Spiel genauso ratlos wie die meisten Fans auf den Zuschauerrängen. Dabei hätte der VfL mit etwas Glück seine Kritiker Lügen gestraft, wenn nach zwei Minuten Uwe Beran alleine vor dem Gästetor Stuttgarts Torwart Benjamin Huber überwunden hätte. Mit einer Führung im Rücken wäre die Partie vielleicht ganz anders gelaufen. Das schien auch Beran nach dem Schlusspfiff so zu sehen: „Den muss ich einfach rein machen.“
Nur vier Minuten später hatte der Kirchheimer Stürmer, der am heutigen Samstag seinen 19. Geburtstag feiert, erneut eine gute Möglichkeit zur Kirchheimer Führung. Nach diesem guten Beginn der Gastgeber verflachte die Begegnung allerdings zusehends und die Gäste kamen immer besser ins Spiel, ohne sich jedoch nennenswerte Einschussmöglichkeiten zu erspielen. Die Kirchheimer Hintermannschaft stand zumindest bis zur Halbzeitpause recht ordentlich und ließ keine Torchance der Gäste zu. Was sicherlich auch ein Verdienst von Torhüter Patrick Gühring war, der nach seiner Verletzungspause erstmals wieder von Beginn an mit dabei war. Einen ordentlichen Einstand feierte Neuzugang Oliver Otto, der trotz Trainingsrückstands 90 Minuten durchhielt. Wegen einer Blasenentzündung musste Kirchheims zweiter Neuzugang, Vergoulakis Karapantzos, bereits im Abschlusstraining passen. Nach einer unterhaltsamen ersten Halbzeit waren die 280 Zuschauer guter Dinge, das sich das muntere Spiel auch in der zweiten Halbzeit fortsetzen könnte. Doch weit gefehlt: Nach dem frühen 0:1- Rückstand durch Mijo Tunjic (51.) war vom VfL Kirchheim plötzlich so gut wie nichts mehr zu sehen. Lähmende Unsicherheit – Die einfachsten Sachen gelangen nicht mehr, und Mannschaftskapitän Patrick Gühring brachte es nach dem Schlusspfiff auf den Punkt: „Einige Spieler sollten sich fragen, ob sie überhaupt oberligatauglich sind.“ Vor allem die zahllosen vergebenen Chancen, nicht nur im Spiel gegen die Stuttgarter Kickers, sondern auch in den Begegnungen zuvor, brachten Gühring in Rage: „Wenn ich in der Oberliga spielen will, muss ich solche Dinger einfach rein machen.“ Mit einem Doppelschlag innerhalb von zwei Minuten sorgten die Gäste dann für die endgültige Entscheidung und zeigten den Kirchheimer Stürmern eindrucksvoll, wie das Toreschiessen geht. Den Schlusspunkt zum 4:0 -Endstand setzte Mijo Tunjic mit seinem zweiten Treffer (79.).
Damit geht der VfL Kirchheim mit nur einem Zähler aus sechs Spielen als Schlusslicht der Oberliga schweren Zeiten entgegen, und man darf gespannt sein, wer am kommenden Wochenende auf der Kirchheimer Trainerbank sitzen wird. Viele Kirchheimer Zuschauer hatten diese Entscheidung gestern für sich bereits getroffen. Die Vereinsführung will am Wochenende, spätestens am Montag, entscheiden, wie es weiter gehen soll – mit oder ohne Dietmar Sehrig.
VfL Kirchheim: Gühring – Koch, Dihl, Kauffmann, Eisenhardt – Otto, Polat, Er, Spina (78. Gürol) – Söylemezgiller, Beran.
Stuttgarter Kickers II:Huber – Steinle, Kärcher, Fennell, Gentner – Rizzi, Ivanusa, Kovac, Abruscia (62. Petruso) – Tunjic, Gümüssu (86. Boric).
Tore: 0:1 Tunjic (51.), 0:2 Petruso (73.), 0:3 Gümüssu (75.), 0:4 Tunjic (79.).
Gelbe Karten: Eisenhardt, Dihl, Kauffmann – Kovac.
Schiedsrichter: Stephan Gerster (Friedrichshafen)
Zuschauer: 280
Teckbote
In Kirchheim drohen Konsequenzen
Amateurfußball im Blickpunkt: Die Verantwortlichen des VfL diskutieren über den Trainer Dietmar Sehrig
Das Chaos hat beim Fußball-Oberligisten VfL Kirchheim zurzeit die Regie übernommen. Denn auch nach dem sechsten Spieltag warten die Verantwortlichen unter der Teck weiter auf den ersten Saisonsieg. Beim 0:4 gegen die Stuttgarter Kickers II setzte es für die Kirchheimer die fünfte Niederlage in Serie – bei 1:19 Toren. Diese sportliche Krise bleibt dann auch am Fuße der Alb nicht ohne Konsequenzen. Bereits nach der 0:4-Heimpleite in der vergangenen Woche gegen Villingen trat Norbert Krumm nach viereinhalb Jahren von seinem Amt zurück. „Es sind Sachen passiert, die konnte ich als Sportlicher Leiter nicht akzeptieren. Wenn dann niemand im Verein reagiert, muss einer ein Zeichen setzen, und das habe ich mit meinem Rücktritt getan“, sagte Krumm. Ein Zeichen pro Trainer setzte der Verein dann unter der Woche, indem er die von Dietmar Sehrig gewünschten Verstärkungen holte. Der Exprofi Oliver Otto, der zuletzt beim SSV Reutlingen spielte, ist ein Akteur wie von Sehrig gefordert, „einer, der auf dem Platz das Kommando übernimmt“. Und auch der zweite Neue, Vergoulakis Karapantzos vom FC Pforzheim, kann dem harmlosen Sturm des VfL Kirchheim nur guttun.
Gegen die Kickers fiel Karapantzos aber erst einmal mit einer Blasenentzündung aus, und dem 35-jährigen Otto war bei seinem ordentlichen 90-minütigen Debüt der Trainingsrückstand noch anzumerken. Folglich konnte er seiner neuen Mannschaft noch nicht entscheidend helfen. Dabei starteten die Kirchheimer recht gut in die Partie und hatten im ersten Durchgang große Chancen zum Führungstreffer. Als dann aber nach 51 Minuten Mijo Tunjic die Kickers in Führung brachte, war der VfL wie gelähmt. So konnten die Stuttgarter durch Franco Petruso (72.), Gökhan Gümüssu (75.) und erneut Tunjic (79.) innerhalb von sieben Minuten das Spiel entscheiden. Ob es nun mit Sehrig als Trainer weitergeht, ist derweil mehr als ungewiss. Die Verantwortlichen um den Abteilungsleiter Jörg Mosolf und den Geschäftsführer Walter Rau trafen sich gestern am späten Abend noch, um die Lage zu besprechen. Rau fand schon im Vorfeld des Treffens deutliche Worte: „Natürlich stehen Konsequenzen im Raum. Ob nun in Form eines Ultimatums oder Ähnlichem werden wir abteilungsintern klären. Am Montag werden wir uns dann mit Dietmar Sehrig zusammensetzen, um die Beschlüsse zu besprechen.“
Stuttgarter Zeitung